Elisabeth Hanak-Ruttkay

Sonderpreis
Archäologie

Die Jungsteinzeit als Forschungsgebiet

Elisabeth Hanak-Ruttkay stammt aus Ungarn, wo sie 1926 in Pees/Fünfkirchen geboren wurde. An der Universität Budapest absolvierte sie einen Studiengang in ungarischer Sprache und Literatur mit Diplomabschluß und Lehramtsprüfung. Nach der Emigration im Jahr 1956 inskribierte sie an der Universität Wien die Fächer Urund Frühgeschichte in Verbindung mit Kunstgeschichte infolge schwieriger Lebensumstände konnte sie ihr Studium erst 1979 mit der Promotion zum Dr. phil. abschließen. Dazwischen liegen eine einjährige Lehrtätigkeit am ungarischen Gymnasium in Innsbruck und sechs Jahre wissenschaftlicher Mitarbeit in der archäologischen Sammlung des Burgenländischen Landesmuseums. Auch ein Rockefeller-Stipendium half ihr, sich fachlich zu betätigen und über diese Zeit hinwegzukommen. Im Jahr 1968 gelang es ihr, an der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums eine dauernde Anstellung zu finden. Maßgeblich dafür war, daß sie sich bereits damals einen hervorragenden Ruf als Typologin erworben hatte, was ihr bei der Reorganisation der Studiensammlung und der Neuordnung des Archivs sehr zustatten kam. Kurz darauf übernahm sie auch die Betreuung der Bibliothek, die über den größten Bestand vor allem an älterer prähistorischer Fachliteratur in Österreich verfügt.In ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat sich Frau Dr. Hanak-Ruttkay seit zwei Jahrzehnten ganz auf die Erforschung des Neolithikums (Jungsteinzeit, 5000-2000 v. Chr.) konzentriert. Aufgrund zahlreicher einschlägiger Publikationen gilt sie heute als führende Expertin für diese Periode in Österreich. Vielfach von niederösterreichischem Fundmaterial ausgehend, ist es ihr gelungen, verschiedenste, z. T. lange anstehende Probleme typologischer und chronologischer Natur zu lösen und die Kenntnis der jungsteinzeitlichen Kulturabläufe wesentlich zu verbreitern und zu vertiefen. Hervorzuheben ist eine neue Periodisierung des Neolithikums in Mitteleuropa, die in der Fachwelt voll akzeptiert worden ist und auch bereits in der musealen Neupräsentation von entsprechenden Fundkomplexen ihren Niederschlag gefunden hat. Ein Standardwerk Dr. Hanak-Ruttkays, „Das Neolithikum in Niederösterreich“, erschienen 1983, erlebte bereits zwei Jahre später eine Neuauflage. Gut die Hälfte ihrer bisher rund fünfzig Veröffentlichungen beschäftigt sich vornehmlich mit Materialien aus diesem Bundesland. Eine detaillierte Aufzählung wäre wohl nur für den Fachmann verständlich, daher seien nur wahllos etwa Arbeiten über neolithische Siedlungsfunde aus Schwechat, Grabfunde der Lengyel-Kultur aus Wetzleinsdorf, ein Kultgefäß vom Jennyberg bei Mödling, ein Hundeopfer der Lengyel-Kultur aus Bernhardsthal, Funde der ältesten Linearbandkeramik aus Prellenkirchen und der älteren bemalten Keramik aus Unterwölbling sowie ein Brandgrab der Lengyel-Kultur aus Ursprung aus der reichen Auswahl herausgegriffen. Durch ihre wissenschaftliche Arbeit, vor allem ihre Publikationen fand Frau Dr. Hanak-Ruttkay auch über die Staatsgrenzen hinaus Beachtung und Anerkennung. Sie wurde Vertreterin Österreichs bei Fundamenta, einer in Köln erscheinenden Reihe, die grundlegende Publikationen zur Erfassung der großen zusammenhänge in der frühen Menschheitsgeschichte vereint, und beim Atlas du Neolithique europeen“, der in Belgien herausgegeben wird. Weiters hat man sich ihrer Mitarbeit bei dem Band Kulturen des Äneolithikums des Karpathenbekkens und des Nordbalkans“, der im Rahmen eines mehrbändigen jugoslawischen Geschichtswerkes erscheint, versichert. Zur Zeit arbeitet Frau Dr. Hanak-Ruttkay an einer großen Gesamtdarstellung der Jungsteinzeit in Österreich, in der Niederösterreich sowohl von der Fundlage, als auch vom Forschungsstand her eine zentrale Rolle spielen wird.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1987