Franz Mayer

Volkskultur und Kulturinitiativen
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Das Ehrenamt und die Fantasie

Hirschbach, Bezirk Gmünd im Waldviertel, zählt stolze 581 Einwohnerinnen und Einwohner. Das Vereinsleben in dieser Gemeinde, die ihre Selbstständigkeit – bis auf eine kurze Unterbrechung – bewahrt hat, ist ein außergewöhnlich buntes. Das Freiwilligenwesen des Ortes gestaltet sich vielfältig und vorbildhaft spartenübergreifend. Der Vereinssaal samt Kulturwerkstätte bietet Platz für 700 Besucherinnen und Besucher. Wie das zusammengeht? Nun, die dahinterliegende Historie ist untrennbar mit einem Namen verbunden: mit Franz Mayer. Franz Mayer ist eine herausragende Persönlichkeit in der Gemeinde. Als gelernter Maschinenbautechniker hat er sich jahrelang ehrenamtlich in verschiedenen kulturellen Organisationen engagiert. Der örtlichen Blasmusik stand er 16 Jahre als Obmann vor, 10 von seinen 15 Jahren als Gemeinderat war er für Kultur zuständig, seit 25 Jahren ist er stellvertretender Obmann des örtlichen Kultur- und Verschönerungsvereines und in der Amateurtheaterszene fühlt er sich überhaupt schon seit 40 Jahren wohl. Mayer gründete 1999 die Kulturwerkstatt Hirschbach, erneuerte mit Ehrenamtlichen in vielen hundert Arbeitsstunden den Vereinssaal, stattete ihn mit zeitadäquater Licht- und Tontechnik aus, gründete gleichzeitig die „Theaterszene Hirschbach“ wieder und begann aus dem Örtchen ein Zentrum für zeitgenössische Kultur zu machen. Der „Kulturherbst“ begann 2002 klein und fein, doch sollten bereits 2005 3.000 Besucherinnen und Besucher sorgfältig ausgewählte Programme genießen. Zehn Jahre später waren es 50.000, mit 2023 sollen es 100.000 werden. Wie das ging? Durch unermüdliches Engagement Franz Mayers und seiner Mitstreitenden, durch Zusammenhalt und Ideenreichtum. Weil der große Vereinssaal für viele Veranstaltungen zu groß war, begann Mayer seine Idee einer Kleinkunstbühne umzusetzen. Sie wurde 2007 eröffnet und bietet seitdem ein buntes Programm an Lesungen, Ausstellungen und kleineren Konzerten an, auch das Kindertheater findet dort ideale Bedingungen vor. Dem zu diesem Zeitpunkt bereits etablierten „Kulturherbst“ ließ Mayer 2008 den „Kulturfrühling“ folgen und machte die „Kulturwerkstatt Hirschbach“ damit zu einem etablierten und unverzichtbaren Bestandteil der Kulturszene nicht nur des Waldviertels, sondern ganz Niederösterreichs. Die Liste der österreichischen Kulturschaffenden, die gerne nach Hirschbach kommen, ist lang und prominent besetzt. Neben Rainhard Fendrich, der bereits zweimal zu Gast war, haben auch Roland Neuwirth und seine Extremschrammeln, Gernot Kulis, Alex Kristan, Mnozil Brass, Josef Hader, Andy Lee Lang, Willi Resetarits und Ernst Molden, Karlheinz Hackl, Roland Düringer, Pizzera und Jaus, Viktor Gernot und Ina Regen den kleinen Ort Hirschbach mit seinem großen Vereinshaus und seiner Kulturwerkstätte beehrt. Beide Spielstätten werden nach wie vor sorgsam gepflegt und spielen auch infrastrukturell (2019 wurde die Licht- und Tontechnik erneuert) alle Stückerl. Natürlich kann das ein Mensch alleine nicht umsetzen, dazu bedarf es vieler Hände. Und Franz Mayer ist sich dessen bewusst. Gerne erzählt er von den vielen Stunden des gemeinsamen Handanlegens beim Umbau des Vereinshauses, bei der Errichtung der Kleinkunstbühne, von Hilfsarbeiten bei der Installation der Licht- und Tontechnik. Doch Freiwilligenarbeit, wie jeder weiß, der damit zu tun hat, gehört in der Hirschbach’schen Dimension sorgsam geplant und organisiert. Neben dem uneingeschränkten Einsatzwillen ist aber auch die Gabe nötig, sich in Gedanken etwas auszumalen, sprich Fantasie. Franz Mayer verbindet diese beiden Ansprüche in besonderem Ausmaß. Niederösterreich ist ein Land, in dem das Freiwilligenwesen einen besonders hohen Wert darstellt, ein Land, das dieses Freiwilligenwesen auch besonders hoch schätzt. Franz Mayer will es nach 25 Jahren ganz intensiver regionaler – ehrenamtlicher – Tätigkeit und ein Jahr vor seinem 70. Geburtstag nun ein wenig ruhiger angehen lassen (ganz ist das nicht zu glauben), einige Funktionen hat er bereits in jüngere Hände gelegt, seine Verdienste um das Wesen regionaler Kulturarbeit sind unübersehbar und unauslöschbar. Den ihm nun von der Jury einhellig zugesprochenen Würdigungspreis in der Kategorie „Volkskultur und Kulturinitiativen“ hat er sich im wahrsten Sinne ehrlich erarbeitet und in höchsten Ausmaß verdient.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2023