Die Suche und das Sichtbarmachen von Baukultur in NÖ
Franziska Leeb hat sich ganz der Architekturvermittlung und der Publizistik verschrieben. Geboren in Hollabrunn/NÖ. Studium der Kunstgeschichte in Wien. Architektur begleitet sie schon lange. Ein prägendes Erlebnis in ihrer Kindheit war der Umbau des Bauernhofes ihrer Eltern. Einem alten Gebäude Respekt zu zollen und es in seiner Andersartigkeit zu akzeptieren und weiterzubauen war prägend. Während des Studiums in Wien geriet sie in einen architekturaffinen Freundeskreis und hat schon während des Studiums begonnen, in Architekturbüros unter anderem als Texterin zu arbeiten. Das war wohl der Beginn ihrer Passion.
Von 2003 bis 2005 wirkte sie als Geschäftsführerin von ORTE Architekturnetzwerk NÖ und war gleichzeitig Mitbegründerin des sehr erfolgreichen Formats „NÖ Wohnbaufrühstück“, einer von ORTE organisierten interdisziplinären Diskussionsreihe ohne Publikum.
Von 2006 bis 2009 war sie Mitglied des Gestaltungsbeirats in Krems. Als Vorstandsmitglied kehrte sie 2009 zu ORTE zurück, um ab 2019 diesem als Vorsitzende vorzustehen.
Mit ihren Buchprojekten „ORTE Architektur in Niederösterreich 2002–2010“ und „ORTE Architektur in Niederösterreich 2010–2020“ in Zusammenarbeit mit Eva Gutmann und Gabi Kaiser wird die baukulturelle Entwicklung Niederösterreichs dokumentiert. In zahllosen Artikeln in sämtlichen bekannten Architekturmagazinen, wie zum Beispiel dem „Spectrum“, werden baukulturelle Tendenzen, Konzepte und Realisierungen analysiert. Seit Dezember 2023 ist Leeb Mitglied des Kultursenats des Landes Niederösterreich.
Ein Auszug aus ihrem Essay / NÖ-Achleitner 2023:
Zu Unrecht unterschätzt:
Niederösterreichische
Architektur im 20. Jahrhundert
„Nicht vorkommen ist die härteste Kritik“, soll Friedrich Achleitner gesagt haben. Auf die Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts in Niederösterreich gemünzt bedeutet dies, dass selbst in Fachkreisen immer noch die Meinung kursiert, das architektonische Schaffen Niederösterreichs im 20. Jahrhundert sei kaum der Rede wert. Baukunst aus Niederösterreich, darunter versteht man mittelalterliche Kirchen und barocke Klosteranlagen, herrschaftliche Schlösser und zunehmend auch die anonyme bäuerliche Architektur wie Mostviertler Vierkanter und Weinviertler Kellergassen. An moderner Architektur haben sich höchstens die Bauten für die Landeshauptstadt St. Pölten ins kollektive Gedächtnis geprägt. Dass dies so ist, liegt – so meine These – in erster Linie daran, dass das niederösterreichische Baugeschehen des vergangenen Jahrhunderts zu wenig dokumentiert und publiziert wurde.
[…] Erst mit Gründung des niederösterreichischen Architekturnetzwerks ORTE im Jahr 1994 wurde damit begonnen, systematisch einen Überblick über die Architektur des 20. Jahrhunderts zu geben und einen kontinuierlichen Architekturdiskurs zu führen. 1997 veröffentlichte ORTE den von Walter Zschokke verfassten ersten Band der Reihe Architektur in Niederösterreich, der sich mit dem zeitgenössischen Baugeschehen ab 1986 befasst und exemplarische und innovative Bauten aus dieser Zeit vorstellt. In der Zwischenzeit ist die Reihe auf vier Bände angewachsen. Ab 2007 erschienen unter dem Titel Architekturlandschaft Niederösterreich als Koproduktion der Kunstbank Ferrum und ORTE zu den vier Landesvierteln jeweils handliche Führer zur Architektur ab 1919, und 2017 folgte schließlich ein Überblick über die niederösterreichische Architekturlandschaft von 1848 bis 1918.
Als Autorin, Architekturpublizistin und Vermittlerin, als Redakteurin, Herausgeberin von Büchern, Moderatorin von Symposien, Diskussionen, Workshops und Architekturführungen, als freie Mitarbeiterin bei diversen Fachmagazinen wirkt Franziska Leeb beständig daran, die Architektur Niederösterreichs weit über die Grenzen hinaus bekannt zu machen. Durch ihre Arbeit als Architekturkritikerin trägt sie dazu bei, das Verständnis und die Wertschätzung für Architektur als Kunstform zu fördern. Für ihre kontinuierliche hochwertige Arbeit wird sie daher 2024 mit dem Würdigungspreis für Architektur geehrt.
Evelyn Rudnicki