Alex Klein

Bildende Kunst

Sinnliche Abstraktion

Alex Klein ist sechsundzwanzig Jahre alt, mindestens einsfünfundneunzig groß, insgesamt von ziemlich massiver Art, aber sensibel bis zur Wiener Wehleidigkeit. Ein Typ, der Porzellanläden betritt, um einmal richtig lustvoll um sich zu schlagen. Was da zurückbleibt, kann auch ein Kunstwerk sein als Ausdruck ungezügelter Lebensfreude. Diese Person spiegelt sich in der Malerei unverfälscht wider. Da wird nicht gekünstelt oder theoretisiert, sondern ins Volle des Augenblicks gegriffen und rückhaltlos Farbe auf den Malgrund gebracht. Nach Absolvierung der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt studierte Klein an der Wiener Akademie bei Hollegha. Dort hat er das Handwerk gelernt. Mit dem österreichischen, vor allem aber auch internationalen Informel setzte sich der Künstler gründlich auseinander. Vor etwa zwei Jahren ist er zu seiner künstlerischen Subjektivität vorgedrungen, mit der er rasch umzugehen lernte. Klein malt abstrakt, aber so gar nicht im papierenen Sinn eines Kandinsky. Seine Bilder sind nicht auf klassische, theoriekonforme Wirkung angelegt, sondern sprühen vor schrankenloser Sinnlichkeit. Das rührt daher, weil dieser Künstler seinem Tun ausgeliefert ist. Da besteht eine psychische Abhängigkeit von der Malerei. Das spürt der Betrachter, das trifft ihn tief, läßt eine Sehnsucht aufkommen, die sich nach längerem Hinsehen nicht verliert, sondern verstärkt. Ein Kriterium für gute Malerei. Auf seinen intensiven Naturbezug weist Klein immer wieder hin. Diese alltäglich gewonnenen Eindrücke und Empfindungen sind die Grundlage seines Schaffens. Farbe, Rhythmus und Licht sind die entscheidenden Bildmittel zur Umsetzung der Impression. Damit greift Klein auf die Anfänge der modernen Malerei zurück. Was vor und nach 1910 in der Modeme aufbrach, führt diesen Künstler zu einer Synthese; dabei wird ständig neu formuliert. Klein zählt zu den bemerkenswertesten Vertretern jener österreichischen Avantgarde, die den in der Folge von 1968 entstandenen neuen Wertvorstellungen besonders nahesteht. Diese Lebenssicht wird selbstverständlich auch im künstlerischen Schaffen wirksam. Insofern besteht eine gesellschaftliche Relevanz. Von einer bewußt ideologisch ausgerichteten Malerei zu sprechen, wäre jedoch völlig falsch. Vielmehr wird der individuelle, von Tradition und Gegenwart geprägte Bewußtseinsstand sehr sensibel und frei künstlerisch umgesetzt. Hier artikuliert sich in erster Linie die Person mit dem ganzen Spektrum ihrer Emotionen, aber auch intellektuellen Fertigkeiten. Und Alex Kleins Bilder sind von einer geradezu unverschämten Ästhetik. Das macht professionelle Kritiker gewiß unsicher. Noch dazu malt Klein gerne pastos. Aber er tut dies seriös, frei von jeder Spekulation. Ich genieße diese reich bedeckten, wahrhaft schweren Leinwände. Es ist kein Wagnis zu prophezeien, daß dieser Künstler in absehbarer Zeit von den einschlägigen Medien und der sogenannten Kunstszene „entdeckt“ werden wird. Einfach vereinnahmen läßt er sich gewiß nicht. Alex Klein ist einer jener Förderungspreisträger, die diese Auszeichnung qualitativ legitimieren und erstrebenswert machen. Der Mann hat sein Leben von der Malerei abhängig gemacht, er arbeitet ohne Netz in einer dauernden Spannung. Fast pathologisch.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1986