Alexander Hauer

Darstellende Kunst
Image

Melks mutiger Kultur-Macher

Ein Intendant in Melk hat es nicht leicht. Sei es der freundlichen Zähigkeit der Melker wegen, die Neues nicht unbedingt gutieren, sei es der luftigen Anfänge der Sommerspiele wegen, denen manche noch lange nachtrauerten.
Ein Intendant in Melk braucht Mut, Selbstbewusstsein, Durchhaltevermögen, muss glaubhaft Künstler und genauso glaubhaft «normaler Mensch» sein – eine «conditio sine qua non» für Melk: Man legt Wert auf verlässliche Normalität; ein Hauch von Verrücktheit ist gestattet.
Seit 1990 entwickelte Hauer Projekte für Melk, etwa die «Plattform Theatermühle», die bekannten Größen wie Peter Turrini und jungen Talenten wie Ursula Strauss eine Bühne bot, oder die Veranstaltungsreihe MERKwürdig, im Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers Melk. Er ist kein «verrückter Hund», der mit missionarischem Eifer Hochkultur zelebriert, sondern serviert Hochkultur mit leichter Hand und wie nebenbei als unverzichtbares Lebensmittel.
Er trat mit der Vision an, Melk als Festspielort mit Nachdenkpotential zu profilieren. Für die «großen Stoffe der Mythologie und Weltliteratur» fand er dort den idealen Spielort – und als Herausforderung ein permanentes Bühnenbild: die prachtvolle Kulisse des Stifts, die wie beiläufig ins Spiel einbezogen wird: als Mahnung, Kommentar, Kontrast.
Mit Stolz akzeptierte Melk die neue Position im Festival-Reigen. Man ließ sich zum Gottsuchen verführen (Parzival 2002), schauderte vor dem Weltende (Apokalypse 2007), dachte über den Fundamentalismus kirchlicher Institutionen nach (Der Name der Rose 2004), erlitt die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber dem Staatsapparat (Wilhelm Tell 2010), erwanderte neun Bühnen weit Dantes «Welt Danach» (Die Göttliche Komödie 2005). Und man lässt sich darauf ein, Brisantes, Gesellschaftspolitisches im Historischen zu entdecken.
Wie hoch die gegenseitige Wertschätzung ist, zeigte sich im Krisenjahr 2009, als das Aus für die Spiele beschlossen wurde. Die Melker ermöglichten durch spontane Unterstützung «ihres Intendanten» den Weiterbestand der Spiele. Hauer erweiterte das kulturelle Angebot für «seine Melker» – die «Tischlerei» bietet im Frühjahr und im Herbst Konzerte, Kabarett, Kindertheater – und dankte mit fulminanten Festspielen 2010 und 2011.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2011