Nicht nur seine Polt-Romane…
Aber diese natürlich auch, sechs an der Zahl und alle fürs Fernsehen verfilmt, waren für unser Jury-Team ausschlaggebend, Alfred Komarek als Würdigungspreisträger für Literatur 2017 vorzuschlagen. Dass er jenseits der Enns bzw. des Semmerings geboren wurde (in Altaussee im Salzkammergut), hat er ja wohnsitzmäßig längst ausgeglichen, und auch viele seiner meistgelesenen Bücher zeigen einen engen Niederösterreich-Bezug: So sind Alfred Komareks Romane um den bedächtig ermittelnden Gendarmeriebeamten Simon Polt allesamt «Weinviertel-Krimis», angesiedelt im Pulkautal;so sind auch etliche seiner essayistischen «literarischen Reiseführer» Niederösterreich gewidmet; so unterstützte er auch mit seiner jüngsten (und ersten theatralischen) Arbeit ein hiesiges «Bürgertheater».Zunächst aber zurück zu den für unser Juryteam ausschlaggebenden PoltRomanen: Der erste ist bereits vor fast zwanzig Jahren erschienen, womit man den Autor wohl zu den Pionieren der bis heute boomenden Gattung der Regionalkrimis zählen kann. Diese bereichern bekanntlich die obligatorische Mordgeschichte durch die Beschreibung regionstypischer Landschaften und Menschen sowie ihrer speziellen Kultur –
ein Gewinn für Leserinnen und Leser, die nicht nur den «Thrill» suchen. Spannend geht es bei Komarek trotzdem zu: Die Fälle sind ziemlich ungewöhnlich, ihre Aufklärungen überraschend, wobei sich Simon Polt bei seinen Ermittlungen mehr auf Gespräche und gedankliche Kombinationen verlässt als auf seine Dienstwaffe. Der in den Fernsehfilmen vom Schauspieler Erwin Steinhauer ideal Verkörperte ist somit mehr ein Hercule Poirot (vom Land) als ein Trautmann (um ein Wiener Gegenstück zu nennen). Im Hintergrund, oft auch im Vordergrund stets dabei: die für die Region typischen Kellergassen, die Presshäuser, die sanften Hügel, die kleinen Ortschaften des Weinviertels, eine Idylle, «um die man fürchten muss und die zum Fürchten ist», wie ein Rezensent schrieb. Für Letzteres sorgen manche Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner, die etwas zu verbergen haben, aber auch diverse Gäste aus der Stadt, die nicht ganz geheuer sind. Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch das namensgebendene Produkt der Gegend, der Wein: Alfred Komarek lässt seinen Simon Polt selten an einer offenen Kellertür vorbeigehen –
im Interesse seiner laufenden Ermittlungen selbstverständlich und zum Glück ausgestattet mit einer beachtlichen Trinkfestigkeit. Eine offene Kellertür bedeutet ja im Weinviertel nicht nur, dass der Weinbauer gerade im Presshaus oder Keller anwesend beziehungsweise tätig ist, sondern dass jeder, der den Kopf durch die Tür steckt, mit der Frage rechnen muss, ob er etwas trinken wolle (ablehnen wäre unhöflich). Simon Polt schätzt solche Einladungen vor allem im Sommer, wenn es im Presshaus «fast so kühl wie in einer Kirche» ist, und er empfindet dabei «so etwas wie eine unheilige Andacht», hervorgerufen «durch den eigentümlichen Geruch, gemischt aus altem Holz und Wein». Wobei der Wein, besser gesagt sein übermäßiger Konsum, in den Polt-Romanen keineswegs idealisiert wird: Es fehlt darin nicht an bemitleidenswerten Trinkern, und oftgenug spielt sein Missbrauch eine Rolle bei den jeweiligen Kriminalfällen. Nicht unerwähnt sollen auch Alfred Komareks auf Niederösterreich bezogene «literarische Reiseführer»bleiben: Einfühlsame Essaybände mit Untertiteln wie «Das sanfte Land»,«Gegenwelten zur Metropole», «Tauchgänge im grünen Meer» und «Die Farben des Weinviertels», opulent bebildert durch renommierte Fotografen. Ein Zeichen seiner Verbundenheit mit dem Land ist auch seine erste theatralische Arbeit, die heuer im Mai und im Juni Aufführungen in einem Zirkuszelt in St. Pölten erlebte: Er erstellte die Textfassung der Bürgertheater-Produktion «Wo bist du hin entwichen?», die auf den Erinnerungen von rund achtzig Bewohnern an «veschwundene Orte» der Landeshauptstadt beruht.