Die Gratwanderung zum Unheimlichen
Der Prozess der Metamorphose ist das wesentliche Thema, das Andrea Kalteis seit Jahren beschäftigt und in Bildern und Objekten immer neue Ausformungen findet. Anfangs war es vor allem der eigene Körper, der zu einem Mischwesen aus Mensch und Tier, oft mit pflanzlichen Attributen, umgestaltet wurde. In einem ironisch clownesken Spiel verwandelt sich die Künstlerin mit Hilfe der Kamera und des Computers in geheimnisvolle Wesen, die ihre Identität nicht preisgeben. Sie liebt die Tarnung, den Schutz, die Maskierung, um sich zu verbergen und schafft damit gleichzeitig ein neues, ein virtuelles Ich. Häufig tritt dabei eines neben das andere wie ein Spiegelbild, als ob sich die Kraft der Aussage damit verstärken sollte. Neben der Erforschung tieferer Schichten der eigenen Persönlichkeit wird auch die Rolle der Frau thematisiert. Im Werk «Die klugen Damen» wird der Kopf zur «intellektuellen Birne» zerdehnt. Die «Schlafende» wartet auf Erweckung, die Gestalt der Puppe bringt die Manipulation zum Ausdruck, der Frauen vielfach unterworfen sind, und das Reptil mit dem Mädchengesicht verrät die Aggressionen, die dabei entstehen können.
Die Gratwanderung zum Unheimlichen ist Gegenstand der jüngsten Arbeiten. Dominant ist etwa der bunte Schmetterling, ein fragiles Wesen, tritt er aber in Massen auf, wird er zur Bedrohung. Teile der farbintensiven Bild-Drucke werden auf Leinwand durch Stickerei akzentuiert, und moderne Technologie tritt in Symbiose mit tradierter (weiblicher) Kunst. Um große Formate zu bewältigen, arbeitet die Künstlerin mit Stickerinnen in Indien, die ihre stammesspezifischen Techniken einsetzen und diverse Effekte erzeugen.
Andrea Kalteis stammt aus einer bäuerlichen Familie in Niederösterreich, daher resultieren ihr ausgeprägter Leistungswille ebenso wie ihre intensive Beziehung zu Pflanze und Tier. Sie studierte Restaurierung in Krems, kurzfristig Architektur und schließlich Kunsterziehung an der Universität für angewandte Kunst Wien. Ein einjähriges Textil-Design-Studium in Helsinki (1998) ließ sie den Weg als freischaffende Künstlerin wählen.