„You never can enter the space you create“
Dass die Photographie in der gegenwärtigen Kunst keine Gattung ist, sondern ein Medium, welches zielgerichtet eingesetzt wird, um bestimmte Aussagen über die Möglichkeiten des Bildermachens heute zu treffen, demonstrieren wenige junge Künstler/innen in Österreich deutlicher als Andrea Sodomka (geb. 1961 in Mödling).
Die Trägerin des Max-Brand-Preises für Multimediale Kunst (1991) ist in der Photographie ebenso daheim wie in den Bereichen der intermedialen Performance, der elektronischen Musik und der Radiokunst. Die Grundlagen hat sie sich mit Studien an der Hochschule für angewandte Kunst (Tasquil, Oberhuber, Caramelle) und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (Institut für Elektroakustik) in Wien erworben. Seine besondere Vielfältigkeit verdankt das schon jetzt imposante Werkeverzeichnis nicht zuletzt der seit 1987 anhaltenden Zusammenarbeit mit Martin Breindl. Gemeinsam haben sich die beiden Künstler/innen eine Position an der Schnittstelle derzeit verfügbarer audiovisueller Medien erarbeitet, die vor allem wegen der Interferenz von sinnlicher Überzeugungskraft der Darstellung und intellektueller Abstraktion der Durchdringung von Themen – Raum, Zeit, Licht und Ton sind die Koordinaten besticht.
Mit Photographie hat Andrea Sodomka sich schon während ihres Studiums in einer spezifischen Art und Weise befasst, die mit dem apparativen Herstellen eines Abbildes der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Am Anfang stand der Versuch, die abstrakte Malerei quasi photo technisch zu ersetzen („Licht auf Beton“, 1988). Die malerische Sicht eines Sujets, die handwerkliche Arbeit in der Dunkelkammer bestimmten das Endprodukt des photographischen Bildes und auch seinen Aneignungsprozeß durch den Betrachter (was bis zum Experiment mit Photo-Siebdrucken reichte). Die Beschäftigung mit dem Raum in den verschiedenen Medien, die Erfahrungen mit der medialen Gestaltung des Raumes mittels Performance und Installation und die Auslotung der Möglichkeiten, virtuelle Räume quasi mit elektronischem Handwerkszeug (mittels Bild/Video und Ton/Computermusik) zu generieren haben, beginnend mit der Diplomarbeit (1989), zu einer komplexen Einbeziehung des architektonischen Raumes in die Photographie geführt. Dabei geht es wiederum nicht um die Abbildung bestehender Räume, sondern um die Gestaltung von Räumen mit den technischen Möglichkeiten der Photographie; reduziert auf den Akt der Belichtung einer licht-empfänglichen Fläche, das heißt reduziert auf Licht als Kompositionselement von Raumerfahrung (z.B. „Unähnliche Abbilder“, 1991 in Prag und in der Minoritenkirche Krems /Stein im Rahmen der Ausstellung „Im Bilde realisiert)“.
Von da war es nur ein logischer Schritt zum Einsatz von Photographie in jenem sensiblen Bereich, der mit ,,Kunst und Bau“ reichlich ungenügend umschrieben wird. Mit ihrer geradezu monumentalen und dennoch unaufdringlichen Deckengestaltung einer Schule in Hallein (1992) zeigt die Künstlerin vor, wie ein schwierig zu bewältigender, vorgegebener architektonischer Raum mit den Mitteln der Photographie dematerialisiert und als interferentielles Raumgefüge neu definiert werden kann. Der logische nächste Schritt war es, architekturunabhängig einen Raum photographisch zu konstituieren. Mit dem Denkmal für Berta von Suttner im Park des Schlosses Kirchstetten (1993) ist Andrea Sodomka dieser Schritt gelungen. Es ist folgerichtig, dass in dieser Arbeit in freier Natur erstmals bei ihr das photographische Abbild zum Sprechen gebracht wird, denn hier geht es nicht darum, einen bestehenden Raum zu durchschreiten, sondern es gilt, einen imaginären Raum der gedenkenden Erinnerung erst herzustellen. Gerade mit dieser leichtfüßigen Eroberung eines Bereiches, der traditionell der Bildhauerei vorbehalten wird, hat Andrea Sodomka bewiesen, was das Medium Photographie auf der Grundlage einer nachahmenden Wirklichkeitserfahrung, diese aber weit übersteigend, zu leisten imstande ist.