Die Fantasie anregen
Erst diesen Sommer konnte er mit einem seiner jüngeren Werke einen großen persönlichen Erfolg erringen: mit seiner 1986 komponierten und Anfang 1988 in Wien uraufgeführten Symphonie concertante für Solovioline und Kammerorchester. Wie schon damals war auch diesmal, beim ,,Midsummer Music Festival“ im schwedischen Umea, der Tonkünstler-Konzertmeister Bijan Khadem-Missagh, dem dieses Stück auch gewidmet ist, der gleichermaßen gefeierte Solist.
Was durchaus kein Zufall ist. Denn der sonst als Primgeiger des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters und Violinlehrer an der Gänserndorfer Musikschule wirkende Andreas Baksa komponiert aus wenigstens zwei Gründen: Er will mit seiner Musik bewusst Freude am Schönen wecken, vor allem aber die Fantasie des einzelnen für alles Kreative anregen. Wer so denkt, der muß ganz einfach so schreiben, dass sich eine entsprechende Resonanz einstellt. Wird doch die hier angestrebte Kommunikation zwischen Komponist und Publikum nur erreicht, wenn es mit der vorgelegten Musik auch wirklich etwas anzufangen weiß.
Daraus zu schließen, dass Baksa es sich oder seinem Zuhörer zu leichtmache, ist freilich verfehlt. Selbst bei jenen Opera, die er für das von ihm 1983 kreierte, aus Musikfreunden und Schülern zusammengesetzte Symphonie-Orchester Gänserndorf schreibt, wartet er nicht nur mit effektvollen und derart nicht immer einfach zu realisierenden rhythmischen Strukturen, sondern auch mit sehr kunstvoll gearbeiteten und mit mancherlei harmonischer Uberraschung gespickten melodischen Bögen auf. Selbstverständlich bleibt Baksa dieser Sprache auch treu, wenn er für professionelle Ensembles formuliert, wie ein Blick in die zuvor genannte Symphonie concertante zeigt.
Die Symphonie ist viersätzig angelegt; der erste Abschnitt wird von überaus bewegten Taktwechseln dominiert. Als weitgespannte Kantilene, die dem Solisten damit mannigfach Gelegenheit gibt, seinen virtuosen Charme auszuspielen, ist das folgende Adagio konzipiert. Dem lebhaften Scherzo ist ein bewusst ruhiges Trio gegenübergestellt. Gleichermaßen tänzerisch bewegt wie von jazzoiden Floskeln durchwoben präsentiert sich das abschließende Allegro vivace.
Wie Andreas Baksa überhaupt zur Musik gekommen ist? Geboren wurde er 1950 im rumänischen Kronstadt. Aufmerksam auf seine offensichtliche musikalische Begabung wurde man, als ein im Haus seiner Eltern wohnender Lehrer ihm vorerst eine Ziehharmonika in die Hand drückte und auf Grund der Geschicklichkeit, mit der er darauf zu spielen begann, die Eltern dazu animierte, ihren Sohn Violine lernen zu lassen. Auf Grund der hier gemachten raschen Fortschritte ging Baksa nach Absolvierung der deutschsprachigen Volksschule ans Lyceum für Musik und darstellende Kunst seiner Hauptstadt und belegte im Anschluss an die erfolgreich bestandene Matura, in deren Rahmen er immerhin mit Mendelssohns e-Moll-Violinkonzert brillierte, Violine an der Klausenburger Musikhochschule. Nachdem er hier schon während des Studiums substituiert hatte, nahm er, mit Diplomen in Komposition, Musikpädagogik und Violine in der Tasche, ein Engagement als Geiger in der Klausenburger Oper an, trug sich aber alsbald mit dem Gedanken, seine weitere Karriere in einem freieren Ambiente zu machen, wie er es von seiner Heimat gewohnt war. Ein Zwischenaufenthalt in Wien anlässlich eines ltaliengastspiels seines Opernhauses bot die willkommene Möglichkeit, sich in Osterreich abzusetzen, das Baksa längst zu seiner Heimat geworden ist.
Nicht nur, dass man sich hier unverzüglich um sein materielles Wohlergehen sorgte, konnte er schon drei Monate nach seinem Abspringen, also im März 1975, immer wieder mit den Tonkünstlern auftreten, die ihm ab der Saison 1975/76 schließlich eine Stelle als Primgeiger offerierten, die Baksa ebenso erfreut annahm wie kurz später eine Aufgabe als Violinlehrer an der Gänserndorfer Musikschule. Dort lernte er auch seine spätere Gattin kennen, was auch ausschlaggebend war, dass er hier, inmitten des Marchfeldes, sein Domizil aufgeschlagen hat.
Wie sehr er sich hier mittlerweile eingelebt hat, zeigt zum einen die Gründung des Symphonischen Orchesters Gänserndorf, das unter seiner Leitung traditionell drei Konzerte mit Werken des Barock, der Klassik und Romantik sowie der Strauß-Dynastie realisiert, und dokumentiert sich zum anderen darin, dass er sich für Teile seines kammermusikalischen wie symphonischen Schaffens sowohl von der Eigentümlichkeit dieser Landschaft als auch von hier entstandenen Dichtungen hat inspirieren lassen, wofür als bisher prägnantestes Beispiel seine dreisätzige, noch der Uraufführung harrende Symphonie nach dem Text ,,Breitenseer Erntedank“ von Friedrich Heller steht.
Allerneuesten Datums aber sind auch die drei Stücke für Blechbläserquintett Opus 15, die das renommierte Vienna Brass-Ensemble aus der Taufe heben wird, sowie ein Holzbläserquintett, für das mit dem aus Wiener und Berliner Philharmonikern zusammengesetzte ,,Ensemble Wien-Berlin“ sich eine der gegenwärtig allerersten Kammermusikformationen konkret interessiert. Was freilich nur eine Fortsetzung jener lnterpretenneugier darstellt, die Baksas Opera seit jeher gefunden haben. Denn auch seine bisherigen Werke, wie etwa die Streichquartette, die Konzerte für Flöte und Schlagwerk oder aber die vier Stücke für Kammerorchester, wurden jeweils von veritablen Solisten und Klangkörpern nicht nur uraufgeführt, sondern werden weiterhin von ihnen musiziert. Wohl auch deshalb, weil nur wenige es so originell verstehen, nicht nur wirklich anziehende, sondern auch im wahrsten Wortsinn beziehungsvolle Musik zu schreiben. Schließlich lassen sich darin nicht nur Einflüsse Wagnerscher Harmonik, des Impressionismus, der geballten Rhythmik Prokofieffs sowie Bart6ks finden, sondern wird all dies von einem subjektiven Formwillen gebändigt, der mittlerweile höchst selten geworden ist.