Anton Schweighofer

Architektur
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Soziales Bauen und differenzierte Architektur

Seit vier Jahrzehnten prägt und bereichert Anton Schweighofer (geb. 1930) nicht nur das Baugeschehen in Niederösterreich in herausragender Weise, auch über Österreich hinaus erlangte er längst internationale Bedeutung. Als Architekturlehrer an der Technischen Universität Wien (1977–1999), als planender und als bauender Architekt, trug er in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Wesentliches zur Verbesserung des Architekturklimas und der Baukultur in Österreich bei.
Nach Absolvierung der Holzmeisterschule (1954) bildete er in Wien eine Arbeitsgemeinschaft mit Rupert Falkner, erweiterte seine beruflichen Kenntnisse in Schweden und verfolgte nach seiner Rückkehr (1959) als freischaffender Architekt den eingeschlagenen Weg einer baulich-strukturellen Architektur konsequent und nachhaltig.
Während der 60er und 70er-Jahre konnte Schweighofer erstmals seine Vorstellungen beim Bau einiger namhafter Projekte realisieren:
in Niederösterreich den Kindergarten in St. Andrä-Wördern (1964–1968), die Kapelle im SOS Kinderdorf Hinterbrühl (1965–1967), den Kindergarten (1971–1974) und die Sonderschule Allentsteig (1972), in Zwettl das schöne, turmartige Schwesternhaus (1968–1970) und das Landeskrankenhaus (1972–1979) – eine in vier Pavillons gegliederte Baugruppe; in Wien das Institutsgebäude der Universität für Bodenkultur (1968–1975) und die «Stadt des Kindes» (1969–1974), ein Schlüsselbau – vielleicht der Schlüsselbau Schweighofers. Leider droht beiden Wiener Projekten die Gefahr baulicher Veränderungen, vielleicht sogar der Abbruch.
In den 80er-Jahren folgten der Umbau und die Erweiterung des Vereinshauses in Horn und der Stadtsaal in Mistelbach (beide 1987–1989). Auch das Thema Wohnhausbau begleitete Schweighofer während seiner gesamten Schaffenszeit; erwähnt seien die Stadtvillen Wien-Gatterburggasse, die Reihenhaussiedlung Pilotenweg, Städtische Wohnhäuser am Wiener Rennweg und in Wien-Simmering.
In den 90er-Jahren schuf Schweighofer das in schlichter Holzbauweise errichtete Konrad Lorenz-Institut am Wilhelminenberg, ein Studentenwohnheim in Wien-Favoriten mit offener Gruppen-Einteilung sowie das eigene Wohn- und Atelierhaus in St. Andrä-Wördern, ein turmartiges Gebäude in Holzbauweise zwischen hohen Nadelbäumen.
Außerhalb Österreichs machte sich Schweighofer durch den Bau des SOS Kinderdorfs bei Neu Delhi (Indien) in den 60er-Jahren, eines Städtischen Wohnhauses in Berlin-Kreuzberg in den 80er-Jahren sowie mit dem Projekt Arktis-Forschungsstation in den 90er-Jahren einen Namen.
Schweighofer war es immer ein Anliegen, seine Architektur, schon während der Entwurfphase, mit der Bildenden Kunst in Verbindung zu bringen. Verdeutlicht wird dies bei der Kapelle Hinterbrühl mit einem steinernen Altar, mit der zeichenhaften Bronzeplastik und den farbigen, Stroh gedeckten Spielhäusern in der Kinderstadt und im Vereinshaus Horn, wo Maria Biljan-Bilger die vorhandene hölzerne Saaldecke farbig in eine Art Himmel mit fliegenden Vögeln umformte.
Schweighofers letzter, im vorigen Jahr fertig gestellter Bau ist wiederum ein Sozialprojekt: das Geriatrische Zentrum im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital, ein Bau, der gleichermaßen die fortschrittlichsten Erkenntnisse auf dem Gebiet der Altenpflege und jene der Architektur, der Raum- und Baugestalt im Auge hatte.
Durch diese Ausführungen zu seinen Bauten wird klar, dass sein umfangreiches Werk hinsichtlich der Bauaufgaben, die vom Wohnhausbau über Kindergärten, Schulen, Hochschulbauten, Heime, Krankenhäuser und Altenpflegehäuser den gesamten Sozialbereich der Bedürfnisse des Menschen einschließt und dabei den unerschütterlichen Glauben aufrecht hält, dass eine entsprechend differenzierte, qualitätsvolle, nie modische Architekturhaltung das Richtige zu leisten imstande ist.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2004