Bernhard Hosa

Bildende Kunst
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Die Kunst des Alltäglichen

Zwei übereinander gehängte Blechkübel, der obere, mit Wasser gefüllt, hat ein Loch. Es tropft in das untere Gefäß, bis der obere Kübel leer ist. An der Wand Statistiken zum Trinkwasservorkommen, penibel recherchiert, mit harten Fakten belegt. Auszüge aus den Menschenrechten zum Thema Wasser ergänzen die Dokumentation in einem aus Standardbaumaterial gefertigten engen Raum. Bernhard Hosa beschäftigt sich in seinen Arbeiten empirisch und emotionslos mit physischer und psychischer Gewalt. Er verwendet unbedeutende Dinge aus dem Alltagsleben – Müll, Erde, Schmutz. Er hält fest, was „stinkt“ in der Gesellschaft, klagt an, aber moralisiert nicht. In der Schlichtheit seiner Arbeiten steckt ein Funken Humor. Leicht übersieht man die Dinge, die da liegen oder stehen, überhört den sanften Hinweis, der anklingt. Es ist nicht laut, was Bernhard Hosa sagt, aber gut durchdacht und recherchiert. Er stellt Objekte zusammen und schmeißt nachher alles weg. Manches verdirbt oder geht seiner ursprünglichen Funktion nach. Der Besen kehrt wieder und das Glas steht wieder in der Küche. Die Badewanne voll Müll wird aus dem Museum entfernt, weil die entstehenden Pilze und Schimmelkulturen die Gesundheit der Besucher gefährden. Müll ist das Gegenstück zur Kunst.
Niemals ist in Bernhard Hosas Arbeiten der Mensch in seiner Körperlichkeit präsent. Er verwendet Gegenstände, „die alle an der Form des menschlichen Körpers Maß nehmen mussten“ (Boris Manner). Die „belebten“ Gegenstände, ob ein paar Schuhe, in die ein gebrauchtes T-Shirt gestopft ist oder Plastiksäcke mit Kleidungsstücken einer Familie, zeugen in der Abwesenheit des Menschen von dessen Geschichte, lassen aber eine Allgemeingültigkeit zu, die anspricht, die nachdenken lässt. Der Turm aus Holzlatten, der jene Kubikmeter Raum umfasst, die einem Häftling ohne Verletzung der Menschenrechte zustehen, veranschaulicht die These, die als Leitlinie in Bernhard Hosas Werk zu finden ist: „Wo Menschen an der Befriedung ihrer historischen Grundbedürfnisse gehindert werden, da wohnt kein Friede, da herrscht Gewalt“ (Johan Galtung).

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2007