Eine Festung für Kultur
Die Kasematten von Wiener Neustadt entstanden ab 1551 als Verteidigungsanlage. In jüngerer Zeit kaum genutzt, entschied die Stadt gemeinsam mit Baudirektor Manfred Korzil, die Gewölbe zugänglich zu machen und die Stadt dadurch „von innen“ zu erweitern: Nahe Bahnhof und Zentrum werden vorhandene Räume bewusst wiederbelebt.
2016 wurden die Architekten Matija Bevk und Vasa Perović aus Ljubljana durch einen Wettbewerb für die Realisierung ausgewählt. Bereits 2019 fand die Landesausstellung als erste Veranstaltung nach Fertigstellung statt – ein bemerkenswert rasches Vorgehen an einem Ort, dessen freigelegte Strukturen hohe Flexibilität verlangen.
Bevk Perović Architekti führen über eine leicht abfallende Ebene von der Bahngasse zum neuen Empfangsgebäude auf altem Niveau. Der verglaste Eingang mit dem darüber verlaufenden Betonschild und der helle Platz geben in ihrer Schlichtheit den flankierenden Stadtmauerfragmenten gebührend Raum. Die fein gearbeiteten Sichtbetonwände des Foyers zitieren in zeitgemäßer Analogie die massiven Natursteinmauern der Wehranlage.
Ein rundes Oberlicht markiert den Eintritt in das historische Wegenetz, das geschützt unter Erdwällen ohne Tageslicht verläuft. Weiß gekalkt bleibt die Struktur der alten Mauern erkennbar. Die Gänge führen zum Herzstück: den Kasematten. Die drei langen, parallelen Gewölbe bieten Raum für Theaterstücke, Konzerte und Ausstellungen.
Ein anderer Weg erschließt die neue Bastei: eine halb in die Erde versenkte Veranstaltungshalle, deren Oberlichter an frühere Zinnen erinnern. Eine verglaste Öffnung führt über eine sanft ansteigende grüne Ebene zum Stadtpark – eine schöne Geste, das Stadtleben einzubeziehen. In unmittelbarer Nähe belebt ein Café die alten Basteigewölbe.
Bevk Perović Architekti ist es gelungen, historisch wertvollen Bestand und neue Räume sensibel zu verbinden und dabei die Eigenständigkeit beider Ebenen hervorzuheben. Das Preisgericht formulierte treffend: „Das Denkmal Kasematten wird freigestellt und weder ergänzt noch erweitert.“