Das Viele und das Eine
Wenn man Christa Hauer-Fruhmann den Würdigungspreis des Landes Niederösterreich verleiht, dann verleiht man ihn in erster Linie der Malerin, der Künstlerin. Er wird ihr überreicht für ihr malerisches Oeuvre. Aber es ist undenkbar, nicht auch ihre vielen Initiativen, ihr Engagement in künstlerischer und kulturpolitischer Hinsicht zu bedenken. Da ist zunächst die Gründung der Galerie Griechenbeisl im Jahr 1958, die sie gemeinsam mit ihrem Mann Johann Fruhmann und mit Unterstützung ihres Vaters Leopold Hauer ins Leben rief und die eine Ausstellungsmöglichkeit für die moderne Kunst darstellte, die es nach dem Ende des Art Club in Wien schwer hatte. Es gab außer der Galerie Würth le und der Galerie Nächst St. Stephan kaum Galerien, in denen die jungen Künstler ihre Werke zeigen und Diskussionen über die Moderne geführt werden konnten. Da war die Galerie im Griechenbeisl eine wertvolle Ergänzung und Erweiterung. Eine weitere wichtige Initiative war die Gründung des Berufsverbandes für Künstlerinnen, IntAkt, die gerade in letzter Zeit wieder mit neuen Aktivitäten auf sich aufmerksam macht. Christa Hauer-Fruhmann war Gründungsmitglied und Präsidentin der Bundeskonferenz der bildenden Künstler Österreichs, sie war Delegierte des Österreichischen Nationalkomitees der IAA und AIAP, sie ist Mitglied der Secession, und sie hat immer und zu allen Zeiten ihre Stimme erhoben, wenn es galt, der jungen und zeitgenössischen Kunst zu helfen. Sie konnte und kann eine streitbare Mittlerin sein, der es aber nie um eigene Anliegen, sondern immer um das Künstlerische oder Kulturpoli tis ch e geht. Eine andere Initiative hat sie – ebenfalls gemeinsam mit ihrem Mann Johann Fruhmann – ins Leben gerufen: auf Schloß Lengenfeld in der Nähe von Krems. Das ehemalige Wasserschloß wurde von Grund auf renoviert, und es entstand nicht nur eine Wohnung für die Familie und eine Heimstätte für zahlreiche Tiere, sondern es wurde eine der lebendigsten und eindrucksvollsten Kulturinitiativen in Niederösterreich überhaupt. Lengenfeld wurde ein Ort, an dem all das passieren konnte, was Platz braucht und in der Stadt schwierig zu organisieren ist, es wurden- und werden – Feste der besonderen Art gefeiert, weil es immer das Ziel ist, nicht nur zu essen, zu trinken und zu tanzen, sondern Ausstellungen zu organisieren und Diskussionen zu führen, und dazu wurden und werden nicht nur Nachbarn, Freunde und Künstler, sondern auch immer wieder bedeutende Persönlichkeiten für Vorträge eingeladen. An all das denkt man bei dem Namen Christa Hauer-Fruhmann, ihren Würdigungspreis aber hat sie für ihre künstlerische Leistung erhalten, und auch hier ist sie eine außerordentliche Persönlichkeit, die sich nie von außen her leiten ließ, sondern immer ihren eigenen Weg suchte und fand. Anregungen hat sie zwar angenommen, aber auf ihre Weise verwandelt und zu ihrer eigenen sehr persönlichen Aussage gemacht. Sie ist nie irgendwelchen Moden gefolgt, und die Trends in der Moderne interessieren sie zwar, sie kann darüber diskutieren und hat sie auch in ihrer Galerie oder in Schloß Lengenfeld ausgestellt, aber für ihre eigene Malerei hat sie einen sehr klaren und persönlichen Weg gefunden. Von 1939 bis 1947 hat Christa Hauer-Fruhmann an der Kunstgewerbeschule, der heutigen Hochschule für angewandte Kunst, und an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert. Ihre Malerei basiert auf einem besonderen Gefühl für die Farbe, und sie weiß um deren Kraft und um ihren künstlerischen wie metaphysischen Wert. Dieses Wissen konnte Christa Hauer am ehesten in der abstrakten Malerei umsetzen. Ihre von dem Gegensatzpaar Bewegung und Stille dominierten, teilweise sehr großformatigen Bilder zeigen nicht nur eine sichere malerische Komposition, sondern auch jene unmittelbare Frische, wie es für eine innerlich jung gebliebene Künstlerin spricht. ,,Der farbige Aufbau ihrer abstrakten Kompositionen ist so reizvoll, daß man kein für abstrakte Kunst geschultes Auge braucht, um Zugang zu diesen Arbeiten zu finden“, schrieb beispielsweise Gerhard Mayer, und Peter Baum meint, ,,daß Christa Hauers Malerei jenen Tendenzen zuzuschreiben ist, die für das Meditative, das Streben nach radikaler Abstraktion charakteristisch ist.“ Und Maria Buchsbaum meinte über die Kunst der Malerin einmal: ,,Alles lyrisch Schwebende, Unausgesprochene, Offengelassene ist hier einer ordnenden Zusammenfassung, einer formalen Verfestigung gewichen. Geblieben sind die prächtigen Farben, ihr Glühen hat sich noch verstärkt, sodaß sie manchmal trotz des spontanen Farbauftrages wie kostbare Steine leuchten.“ Es ist der Kunsthalle Krems zu verdanken, daß man in einer bemerkenswerten Ausstellung nicht nur die außerordentliche Sammlung der Familie Hauer und Fruhmann bewundern konnte, die sie übrigens großzügig weitgehend dem Land Niederösterreich gestiftet hat, sondern auch einen Überblick über ihr eigenes Werk bekommen konnte. Die Ausstellung hat überzeugend und eindrucksvoll die Entwicklung einer Künstlerin dieses Jahrhunderts gezeigt, die gerade in letzter Zeit viel zu selten zu sehen war. Daß Christa Hauer-Fruhmann den Würdigungspreis von Niederösterreich erhält, ist ein Zeichen, daß wir das Stille wieder erkennen und dem Unspektakulären Raum geben. Hier ist aber vor allem eine Künstlerin geehrt worden, deren Werk von Freiheit zeugt und von seelischer Tiefe, die das Laute verweigert und den schnellen Erfolg nicht sucht, sondern die bescheiden genug ist, warten zu können, weil sie im tiefsten Inneren davon überzeugt ist, daß die Wahrheit keine Eile hat und keine Eitelkeit kennt.