»Neues braucht Weite«
»Als Komponist und Musiker bin ich ein Produkt meiner permanenten Neugier.« Mit dieser Selbsteinschätzung stellt sich Christoph Cech als eine der vielseitigsten und umfassendsten Musikerpersönlichkeiten des Landes dar:
Pianist und Komponist, Gründer, Initiator und Dirigent zahlreicher Ensembles (darunter die Nouvelle Cuisine Big Band, das Janus Ensemble, das Max Brand Ensemble – Niederösterreichisches Ensemble für neue Musik), Musikpädagoge, Universitätsprofessor für Jazzkomposition und Direktor des Instituts für Jazz und improvisierte Musik an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz und als Mitglied in Gremien und Jurys (u. a. 2008–2013 Mitglied des Kultursenats des Landes Niederösterreich, im Netzwerk für neue Musik in Niederösterreich, Spiritus Rector der NÖ Jazzakademie Zeillern), Wegbereiter und Wegbegleiter für heutige Musik abseits von E und U. Christoph Cech ist keiner, der den bequemen Weg geht. Der 1960 in Wien geborene, in der Seilerstätte, nächst den wichtigsten Musik-Bildungsanstalten aufgewachsene – »ich hab in Schlapfen ins Konservatorium gehen können«, so Cech in einem Interview 2010 – und in Linz und im Waldviertel lebende Musiker lässt keine ästhetischen Scheuklappen oder eingefahrenen Traditionen zu. Von Beginn seiner Karriere an hat ihn die Neugierde auf Musik und auf Menschen geleitet und die feste Überzeugung, dass es in der Musik keine getrennten Welten von Jazz und Neuer Musik geben darf. Also setzt er sich konsequent für die Verbindung von improvisierter und komponierter Musik ein, verbindet Neue Musik und Jazz wie selbstverständlich und ist bei internationalen Jazzkonzerten ebenso zu finden wie bei so unterschiedlichen Festivals wie den Barocktagen St. Pölten, dem Donaufestival Krems, dem steirischen herbst, den Tiroler Festspielen Erl und dem Komponistenforum Mittersill. Er dirigiert das Klangforum Wien ebenso wie die Trachtenmusikkapelle Rossatz beim Musikfestival Glatt & Verkehrt, verbindet Wachauer Volkslieder mit zeitgenössischer Musik, und immer wieder musiziert er für und mit Kindern und jungen Menschen, leitet ein Lehrlingsblasorchester und geht mit Schülerensembles auf die Bühne des Festspielhauses St. Pölten. Die CD »Zaubersaft« oder das Projekt »Chaossymphonie« sind Beispiele dieser von Respekt, Wertschätzung, aber auch Witz und spielerischer Neugier getragenen Projekten: »Wenn man das Experimentelle nicht zulässt, wird das Ganze verdorben.«
Dieses Experimentelle zieht sich auch durch sein gesamtes kompositorisches und improvisatorisches Schaffen, sowohl in kleinen Besetzungen im Bereich des Jazz und der Kammermusik wie auch in Werken für Bigband, Symphonieorchester und Chor (»Totentanzfragmente«, 2010) und in den Opern (»Aus allen Blüten Bitternis« nach Stefan Zweig, 1996). Dafür wurde er u.a. 1998 mit dem renommierten Hans-Koller-Preis für die beste Jazz-CD des Jahres mit der Nouvelle Cuisine Big Band und 2004 mit dem Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich in der Sparte Musik ausgezeichnet.
Im engen Rahmen zu denken ist Cechs Sache nicht: Think bigger – so auch sein Motto als Artist in Residence von musik aktuell 2010 – bedeute für ihn die »Hinterfragung und Neudeutung des Musizierens im globalen Sinne«, die Verbindung des »diffizilen, ästhetisch-durchwachsenen Umgangs mit Tönen und Geräuschen der komponierten Musik des 20. Jahrhunderts« mit der Momenthaftigkeit des Jazz, seiner Grenzen sprengenden Musikalität, Neugier, Lust und seiner Fähigkeit, »aus sich selbst heraus spontan Musik zu schöpfen«. Dies führe zur notwendigen »Toleranz und Offenheit« gegenüber dem Anderen« – nicht nur in der Musik, sondern als menschliche Grundhaltung und letztlich auch zu einer »Neuen Musi«.
»Als ich die Idee hatte, der Neuen Musik versuchsweise das ›k‹ zu nehmen«, so Cech bei den Tagen der Neuen Musik in Niederösterreich 2012, »ging es mir nicht um eine Humorisierung der ernsten Musik, sondern um den Hinweis, ob nicht womöglich aus ›ernst‹ schon längst ›eng‹ geworden ist. Ernst ist es mir damit, dass Musik sich nicht mit Enge verträgt. Und Neues baucht Weite.«