«Einen Folk-Club wollt’s machen?» Von der untersagten Gründung eines Kulturvereins im Waldviertel
Im Jahr 1979 waren die Zeiten noch rau, als sich ein wackeres Grüppchen an die Gründung des «Folk-Club Waidhofen/Thaya» wagte. Die Vereinsbehörde lehnte dieses Ansinnen postwendend ab, weil «aus dem Namen nicht der Zweck des Vereins hervorgeht» wie das ärarische Amt mitteilte. Man gründete daraufhin den «Verein zur Verbreitung europäischer Volksmusik», der schon damals von allen «Folk-Club Waidhofen» genannt wurde und auch heute noch so heißt.
Das «Greißlersterben» war noch unbekannt, Supermarktketten gab es bestenfalls in den fernen Großstädten und die Kultur begann beim Dorfkirtag und endete beim Feuerwehrball. Für junge Leute gab es die Katholische Jugend, eine zwar bemühte Initiative, aber doch musikalisch nicht gerade auf der Höhe der Zeit für jene, die ihre kulturellen Fühler ins ferne Wien auszustrecken begannen.
In der Region hatte man sich damit abzufinden, dass es jenseits des Tradierten kein Kulturangebot gab. Außer man organisierte es selbst. Und so begann alles mit kleinen Musikveranstaltungen in einem winzigen Clublokal im Zentrum von Waidhofen.
Dass den Mutigen die Welt gehört, bewies der Folk-Club bereits 1980 eindrucksvoll durch die Organisation eines großen Musikfests. Diese Entscheidung war keine Kleinigkeit für eine junge Truppe, die, vorerst, außer Idealismus und enormer Einsatzbereitschaft wenig Fähigkeiten mitbrachte, die für ein solches Unternehmen vonnöten sind.
Mittendrin und voll dabei: Christoph Dangl, von Beginn an Herz und Motor des Folk-Clubs. Er war der erste Obmann und auch die treibende Kraft hinter dem Musikfest. Obgleich er schon nach kurzer Zeit den Platz in der ersten Reihe anderen überließ, blieb er für mehr als zwei Jahrzehnte der «Klebstoff» des Folk-Clubs; er war derjenige, der die Truppe zusammenhielt, mit Ideen, Aktionen und sprühend vor Energie. In seiner Doppelrolle – zugleich Zugpferd und Vorreiter – brachte er immer wieder neue musikalische Strömungen ein, bis zur Entstehung der bis heute gültigen Mischung aus Blues, Jazz, Funk und Folkmusic aus aller Welt. Dass von Beginn an auch viele österreichische Produktionen Platz fanden, versteht sich von selbst.
Jedes Projekt braucht eine Galionsfigur, einen, der die Kraft hat, Visionen zu entwickeln und der die Zweifler davon überzeugt, dass sich das Wagnis lohnt. Einen, der das Gefühl vermitteln kann: Wo er ist, da passt es gut. Christoph Dangl – ein Kommunikationsgenie? Ein großes Wort – und dennoch, vielleicht, die perfekte Beschreibung für jemanden, der natürlicher Mittelpunkt war, ohne das jemals angestrebt zu haben. Einen, der es schaffte, bei allem Klamauk und Trubel, den er selbst oft tatkräftig mit anzettelte und bei aller Bewunderung, die ihm zweifellos auch zugeflossen war, immer das Wesentliche im Blick zu behalten.
Am 1. März 2002 übernahm Christoph Dangl wieder die Funktion des Obmanns des Folk-Clubs. Im darauf folgenden September erlitt er eine schwere Erkrankung, die ihm bis heute jede weitere Tätigkeit unmöglich macht.
In den 26 Jahren seit der Gründung ist viel passiert. Bemerkenswert ist dabei, dass der Folk-Club noch immer voll Energie und prallem Leben ist. Das Team ist auf eine wunderbare, sehr relaxte Art normal und geerdet geblieben in all dem Wahnsinn, den 26 Jahre regionale Kulturarbeit mit sich bringt. Man spürt: Hier sind Menschen aus vollster Überzeugung und mit ganzem Herzen am Werk. Und: Sie lieben diese Arbeit. Es ist diese Ausstrahlung, die auch das Musikfest so besonders macht: sehr gemütlich, nicht zu groß, mit nationalen und internationalen Top-Acts, die Musiker dabei nahe am Publikum, das tolle Gelände im alten Thayabad am Fluss. Es ist wie die Wochenend-Party einer großen Familie und jeder freut sich, dass er dabei sein kann.
Zuletzt sei ein Dank ausgesprochen: für den Mut am Beginn und die visionäre Kraft, für den jahrzehntelang bewiesenen Idealismus und auch dafür, dass der Blick in die Zukunft bis heute nicht verloren gegangen ist.