Constanze Ruhm

Medienkunst
Künstlerisches Video, Kunst im elektronischen Raum und die Grenzen von Fachdisziplinen überschreitende Kunst
Image

Im Feld der Kognition

Zu würdigen sind Constanze Ruhms transdisziplinäre Feldforschung und ihre Entwicklung von neuen Methoden innerhalb ästhetischer und künstlerischer Erkenntnisprozesse.Ruhms Arbeiten sind vielschichtig –formal wie inhaltlich. Kategorien künstlerischer Sparten wie jene der bildenden Kunst, des Filmschaffens, der Textproduktion und der Fotografie finden sich ebenso im Repertoire Ruhms wie jene der Animation und der Medienkunst. Als gemeinsamer Nenner ihrer Arbeiten ließe sich herausarbeiten, dass Ruhm präzise Fragen stellt und ihre Antworten als eine künstlerische Praxis der Fortschreibung von theoretischen Modellen versteht. Ihre Arbeiten speisen multiperspektivische Untersuchungen über Situationen und Felder, die eine Vielfalt von einwirkenden Faktoren aufweisen. Mithilfe aufwendiger Recherchearbeiten und komplexer Strukturanalysen wird jeweils auch das Feld der Kognition im Bezug auf die Erfahrbarkeit der einwirkenden Faktoren untersucht. Die Ergebnisse sind Reinszenierungen, Neuformationen, «Reenactments», Vergleiche und neue Fragestellungen. In der Rekonstruktion von Kamerabildern eines spezifischen Takes als 3-D-Computeranimation («Travelling»/«Plan 234»/«Extérieur Nuit», 1999/2005) oder der Neuformation einzelner Szenen mit filmtheoretisch und technisch relevanten Narrationsmustern und Darstellungsmodi («Coming Attraction»/«X Characters [In Search of an Author]», 2002/03), der Reinszenierung von Szenen mit neuen oder absenten Figuren («X Characters»/«RE(hers)AL»; «X Love Scenes» /«Pearls without a String», 2007) wird immer auch die Suche nach der Darstellbarkeit von Emotion und Erinnerung deutlich. Viele Fragestellungen von Constanze Ruhm orten Kino als eine Projektionsfläche, «die Leben vergrößert», wie auch als ein System, das auf «Grundlage seiner Subjekte» operiert. Ein System also, in dem mentale Prozesse, mediale (Re-)Präsentation, Identität und (Film-)Theorie die Koordinaten darstellen. Constanze Ruhm, geboren 1965 in Wien, aufgewachsen im niederösterreichischen Purkersdorf, lebt und arbeitet ebendort sowie in Wien und Berlin. Constanze Ruhm studierte an der Universität für angewandte Kunst bei Peter Weibel und damit auch bei den Gastprofessorinnen und -professoren Rebecca Allen, Henri Jesionka und Valie Export (1987–1993). Ihr Postgraduate-Studium absolvierte sie am Institut für Neue Medien an der Städelschule in Frank furt (1991–1994). Es folgten Assistenzen bei Dara Birnbaum, Matt Mullican und Peter Weibel. Viele ihrer Ausstellungen und «Projekte», wie sie ihre Arbeiten nennt, werden über Österreichs Grenzen hinaus gezeigt. Mit einem Beitrag im Austrian Pavilion der Biennale di Venezia trat Ruhm 1994 erstmals international in Erscheinung – zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen folgten. Seit 1999 übernahm sie auch kuratorische Tätigkeiten, unter anderem für «Haus0» im Künstlerhaus Stuttgart. Auch in der Lehre ist Ruhm an diversen Hochschulen in Österreich, Deutschland und den USA tätig, seit 2006 ist sie Professorin für Kunst und digitale Medien an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Constanze Ruhms Arbeiten tragen die Embleme der bildenden Kunst und auch der Medienkunst, davon zeugen auch die zahlreichen Preise und Auszeichnungen, die sie mit ihren Projekten erhielt: Österreichisches Staatsstipendium für bildende Kunst (1993), Anerkennung für Computergrafik, Prix Ars Electronica (1993), Anerkennungspreis für Medienkunst des Landes Niederösterreich (1996), MAK-Schindler-Stipendium für Los Angeles (1997), Anerkennung Otto-Mauer-Preis (1998), Frauen-Medienkunstpreis der österreichischen Frauenministerin (1999), Wilfried-Skreiner-Preis, Graz (2002), Preis der Stadt Wien für bildende Kunst (2004). Mit dem Würdigungspreis des Landes Niederösterreich 2009 ist sie nun Kulturpreisträgerin in der Sparte Medienkunst.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2009