Daniela Meisel

Literatur
Image

Ungewöhnliche Protagonisten: vom Oktopus zur Oma

Daniela Meisel hat vor ihrer Hinwendung zur Literatur wissenschaftlich publiziert: über Tintenschnecken, Muscheln sowie zwei Arten von Oktupussen. Über Lebewesen also, denen man zwar im Alltag nicht allzu oft begegnet, die aber dennoch Bestandteile unserer Wirklichkeit sind. Die aus dem Waldviertel stammende Autorin studierte Biologie mit den Schwerpunkten Ethologie und Meereskunde; mag sein, dass ihr Interesse für Meerestiere auch damit zusammenhängt, dass ihre Heimatgegend – wie ganz Niederösterreich – in früheren Erdzeitaltern von einem Ozean bedeckt war, wovon bis heute Fossilien zeugen. Als Romanautorin schreibt Daniela Meisel seit ein paar Jahren über Menschen, wie man sie ebenfalls nicht an jeder Ecke trifft, die aber dennoch zu unserer Welt gehören. Im renommierten Picus Verlag hat sie bisher zwei Titel veröffentlicht: «Der Himmel anderswo» erzählt von zwei Jugendlichen aus dem Osten Europas, die hier stranden und sich aneinander aufrichten; in «Gegen einsam» sind es zwei schrullige Einheimische, die füreinander bedeutsam werden. Figuren, erfunden aus der Realität, aber nicht konstruiert um des Effekts willen, ungewöhnlich, aber durchaus glaubhaft. Dass man der Autorin ihre Figuren abnimmt und deren verschlungenen Lebenswegen mit Interesse folgt, trifft auch auf Meisels noch im Entstehen begriffenen und unter einem Arbeitstitel eingereichten Roman zu: Hier sind die Protagonisten eine junge Frau von heute und ihre in Erinnerungen heraufbeschworene Großmutter, die in den 1920er-, 1930er-Jahren als energisches, freiheitsdurstiges Kind am Land in Niederösterreich aufwächst. Auf die weitere Entwicklung dieser Figur im Roman darf man gespannt sein. Mit ihren bisherigen Büchern erregte die Autorin, die heute mit Mann und drei Kindern in derselben Gegend lebt wie die früheren Preisträgerinnen Gertraud Klemm und Marlene Streeruwitz, bereits einige Aufmerksamkeit. Der ihr jetzt zuerkannte niederösterreichische Kulturpreis würdigt ihre positive Entwicklung.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2016