Gedenkjahre
Die niederösterreichische Lyrikerin bezeichnet sich selbst als ,,Spätzünder“, denn ihre erste wichtige Veröffentlichung – sieben Gedichte in der Publikation ,,Tür an Tür“ des Bergland-Verlages – hat erst 1970 stattgefunden.
,,Bsonders lustig san sie net“, bemerkte damals Herausgeber Rudolf Felmayer, an den Elfriede Haslehner von Doris Mühringer verwiesen worden ist. Felmayer hat aus einem Stoß Haslehner-Gedichten einfach ausgesondert – so hat die ,,lyrische Erziehung“ Haslehners begonnen.
Geschrieben hat sie schon als junges Mädchen, aber weder sie selbst noch ihre Umgebung haben diese Versuche ernst genommen. Ende zwanzig, nach drei Kindern, als Haslehners Lebensprobleme sichtbar geworden sind, hat sie sich neben Kirchenchor und malen erstmals intensiver mit dem Schreiben als Selbstverwirklichung auseinandergesetzt. Die Entscheidung, malen (immerhin war Haslehner zwei Jahre an der Akademie bei Böckls ,,Abendakt“) oder schreiben, war ihr nicht leichtgefallen. Im Freien aquarellieren und abstrakte Maiversuche sind einem Roman (der es nicht zur Veröffentlichung gebracht hat) vorangegangen. Aber da sie beim Malen nicht aus ihrer ,,Hausfrauenabhängigkeit“ herausgekommen ist, hat sie sich 1964 ganz dem Schreiben zugewandt. Nebenbei hat sie sich Mitte dreißig beruflich ausprobieren müssen und in diesem Zuge mit 40 Sozialarbeiterin gelernt, was sie 4 Jahre gewesen ist, nebenbei Philosophie studiert (Promotion 1985) und frei für den ORF gearbeitet.
Seit 1975 ist Elfriede Haslehner mit der Frauenbewegung ,,verheiratet“. Sie war Mitbegründerin des Wiener Frauenverlages – eine der vier ,,schreibenden Feministinnen“ unter den Verlagspionierinnen. (Mittlerweile hat in diesem Verlag ein Generationswechsel stattgefunden.) Haslehner will nicht mehr Manuskripte ,,kritisieren“ und meint, manche Junge könnten das viel besser.
In den Jahren 1981/82 hat Elfriede Haslehner die ,,AGA“ (Arbeitsgemeinschaft Autorinnen) ins Leben gerufen, das ging Hand in Hand mit der Verlagsgründung, es hat auch Querverbindungen zu Volkshochschulen gegeben. Sie erinnert sich, dass sie in ihren literarischen Anfängen ohne schreibende Gruppen, ohne Organisation und Rückhalt arbeiten musste und hat sich deshalb so für die Frauenliteratur eingesetzt. Heute hat ihr Kampfgeist nachgelassen, der Wunsch nach Förderung ist durch ihr Engagement für andere in Erfüllung gegangen.
„Man hat sich durchgeschlagen“, lautet das Resümee Elfriede Haslehners, ,,durchs literarische und sonstige Leben“. Ihr literarischer Stoff basiert meist auf der Diskrepanz zwischen Vorstellung und Tatsache. Daraus werden dann die ,,traurigen“ Gedichte.
WENN MIR EINMAL/ DIE WORTE FEHLEN WERDEN / DIE WORTE / UM DIE VERZWEIFLUNG / AUSZUDRÜCKEN / DIE WORTE/ UM DEN HASS / ZU BÄNDIGEN / DIE WORTE / UM DEN SCHMERZ/ SAGBAR ZU MACHEN / WENN MIR EINMAL/ DAS LETZTE WORT/ IN DER KEHLE/ VERTROCKNET SEIN WIRD / BLEIBT MIR NUR MEHR/DIE LETZTE/TAT
Diese Zeilen sind dem Bändchen „Schnee im September“ aus der Reihe ,,Lyrik in Osterreich“ (Verlag G. Grasl) entnommen. Elfriede Haslehner hat bis jetzt 4 Gedichtbände veröffentlicht, einen Prosaband sowie einen Mischband. Sie hat ein Hörspiel geschrieben und ist in 30 Anthologien, in Literatur- und anderen Zeitschriften vertreten.
Die Haslehner, 1933 in Mödling geboren, ist „auf dem Land“ aufgewachsen, nämlich im Sudetenland und in der Oststeiermark, seit 1988 lebt sie in einer humanökologischen Kleinsiedlung in Gänserndorf-Süd, wo sie gelegentlich literarische Veranstaltungen arrangiert. Nach unangenehmen Erfahrungen in der Literaturszene hat sie seit 1980 nach einer Alternative gesucht, bei der man nicht immer enttäuscht wird – und in dem kleinen naturnahen Dorf „Öko-Siedlung Gärtnerhof“ gefunden. Sie betreibt einen ,,ausgeprägten“ Garten und freut sich, dass für sie wichtige Dinge wie Trennungen, Frauenbewegung und Landleben nicht nur Gedanken geblieben sind, dass sie dazu beitragen konnte, dass Frauen zu Wort kommen und es nun für sie selbst möglich ist, mit anderen Ansprüchen, abseits vom Kulturbetrieb, ohne Konkurrenzkampf in einer gleichgesinnten Gruppe zu leben und zu arbeiten. Von Zeit zu Zeit geht sie als niederösterreichische GAV-Vertreterin in die Öffentlichkeit und plädiert z. B. dafür, dass mehr lebende Autoren beim Donaufestival zu Wort kommen oder sie schlägt mit ,,dunkelgrauen bis schwarzen“ Gedichten zu, wie im ,,Lied der Hexe“. Dass sie auch in der Dialektdichtung zu Hause ist, beweist Frau Dr. phil. und zweifache Großmutter immer wieder:
WOS GEDDES DI AU / WAUN MIDDN IN DA NOCHD / IAGEND A BSOFFANA / SEI OEDE DASCHLOGGD? / LOS EAM! /ISS DEINE?
Haslehner schreibt nie ,,modisch“, nie angepasst und schon gar nicht ,,rosarot“. Sie versteht es meisterlich, Betroffenheit entstehen zu lassen, nachdenklich zu machen und Widersprüche zu erzeugen. Deshalb auch ein Staatsstipendium (1979/80) sowie andere Stipendien und Literaturpreise. Haslehner ist Mitglied der Grazer Autorenversammlung, des Wiener NeustädterKreises und der Arbeitsgemeinschaft Literatur NO. „Ahrensammeln“ soll ein Gedichtband heißen, den die Lyrikerin eben zusammenstellt. Nach ,,Schnee im September“, den ,,Gedichten aus der Lebensmitte“ nun ein Thema zurzeit, in der man älter wird, das innere Ausgeglichenheit signalisiert. Daneben schreibt sie einen ,,utopischen“ Roman, der den Leser in eine andere Zeit versetzt, ins Reine. Eine Diskrepanz? – Vielseitig war sie doch schon immer, die malende, klavierspielende, fotografierende, gärtnernde, alternative Schriftstellerin, die so gerne ohne Kampf Lebenswünsche und gute Literatur realisiert.