Elfriede Mejchar

Medienkunst
Künstlerische Fotografie
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Fotodokumente

Elfriede Mejchar (1924 in Wien geboren, in Niederösterreich aufgewachsen, in Wien lebend) ist eine besondere Fotografin: Sie übte die Fotografie als Beruf aus und widmete ihre Arbeit für das Bundesdenkmalamt der Dokumentation des österreichischen Kulturguts. Gleichzeitig und parallel zu ihren Arbeiten «im Auftrag» entwickelte sie ihre eigenen inhaltlichen Schwerpunkte, Themenfelder, die sie in großen Werkgruppen, zum Teil über Jahrzehnte hinweg, fotografisch bearbeitete. Ein erstaunlich vielschichtiges Werk ist so entstanden, das uns in allen seinen Facetten die sehr persönliche, authentische Haltung von Elfriede Mejchar zur Wirklichkeit nahe bringt.
Erstaunlich, vor allem im Rückblick, ist die Serie von Porträts österreichischer Künstler (1959–1962), deren Werke Elfriede Mejchar als junge Fotografin für Publikationszwecke dokumentiert hatte und die sie so kennen lernte. Diese Gruppe von Künstlerporträts der wesentlichen Protagonisten der zeitgenössischen österreichischen Malerei und Plastik der 50er-Jahre erarbeitete sie mit großer Sensibilität und mit der ihr eigenen Bescheidenheit, ohne sich selbst als Künstlerin in den Vordergrund zu rücken.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ihres Werks (und wohl ihrer Persönlichkeit) ist ihre Vorliebe für das abseits Liegende: für Landschaften, Gegenden in der Zwischenzone von Stadt und Land gelegen; für heruntergekommene Architekturen, die Zeugen ehemals intensiver industrieller Nutzung sind. Seit Ende der 70er-Jahre widmet sich Mejchar der Dokumentation historischer Industriebauten in den de-industrialisierten Zonen des Wiener Stadtrands: «Simmeringer Heide, Erdberger Mais» (1967–1976), «Wienerberger Ziegelöfen» (1979–1981) und «Chemiefabrik» (1989–1991). Diese dokumentarischen Serien bilden das Zentrum des Œuvres von Elfriede Mejchar, und sie gehören zu den wesentlichen Werken der österreichischen Gegenwartsfotografie.
Als die Camera Austria 1981, sieben Jahre nach Otto Breichas erster Überblicksausstellung «Kreative Fotografie aus Österreich» (Kulturhaus der Stadt Graz, 1974) die «Neue Fotografie aus Österreich» zum Gegenstand einer Ausstellung machte (Forum Stadtpark Graz, im steirischen herbst 1981, Publikation: Camera Austria Nr. 6/81), war Elfriede Mejchar eine der Entdeckungen: Ihre Bilder erfüllten den Anspruch an eine zeitgemäße Verwendung des Mediums Fotografie, der mit dieser Ausstellung nachgewiesen werden sollte: Nämlich, dass die Arbeit der Fotografen und Fotografinnen «mit ihrer Umgebung, dem Land, in dem sie leben, zu tun haben sollte», dass in diesen Arbeiten «die wichtige Aufgabe der Fotografie, Dokumente zu schaffen, wahrgenommen wird, auch wenn die subjektive Auffassung einer dokumentarischen Arbeit zu sehr unterschiedlichen Lösungen» kommt.
Die «Wienerberger Ziegelöfen» dokumentieren gleichzeitig österreichische Industrie- und Sozialgeschichte. Elfriede Mejchar hat dieses «ausgeweidete Feld dokumentarisch fotografiert, die Spuren einer Vergangenheit, die gerade erst vergessen gerade noch in Erinnerung ist, die letzte Fabrikshalle, den letzten kunstvoll gemauerten Schlot. (…) Diese Ausflüge zum Stadtrand sind wie ‹Parallelaktionen› einer Fotografin, die 1972 einerseits die Bilder für den Bildband ‹Die Steine der Wiener Ringstraße› lieferte, und die gleichzeitig begann, das Negativ dieser Ära privat zu erforschen: die Arbeitswelt, die ziegelrote Dreckseite, den Rand, die ständige Abnutzung und den äußersten Verschleiß, die Halde des Erdaushubs, den die Stadt verbrauchte, um sich ein neues Haus zu bauen.» (Otto Kapfinger, Camera Austria 6/1981).

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2004