Elisabeth Schimana

Medienkunst
Künstlerisches Video, Kunst im elektronischen Raum und die Grenzen von Fachdisziplinen überschreitende Kunst
Image

Eine unsichtbare Künstlerin in einem unsichtbaren Medium mit unsichtbaren Strategien – ein Manifest zur Sichtbarmachung

Das Archivieren, Sammeln und Ausstellen von alten Geräten aus der Medien- und experimentellen Soundkunst, Schwerpunkt: weibliche Positionen, gleicht dem Anlegen von Herbarien und den wenigen verbliebenen Geschäften der Philatelisten, der Poetik des Pressens des mühsam erkletterten und am Gipfel gepflückten Edelweiß.
Bei der Aufgabe, einen kurzen Text über Elisabeth Schimana zu schreiben, kommt man über das Aufzählen ihrer Projekte, Initiativen und Kompetenzen gar nicht hinaus: Sie ist Musikerin, Künstlerin, Medienkünstlerin, Medienarchäologin, Kuratorin, Radiokünstlerin, Wissenschaftlerin.
Alles ist sie, und gleichzeitig ist sie es nicht. Machen und verweigern sind wohl die Hauptantriebe, die ihrer Arbeit zugrunde liegen. Ein großer und unbändiger Antrieb, alles, und seien es die größten Aufgaben, zu denken, anzupacken und zu realisieren und gleichzeitig einen unmäßigen und meiner Meinung nach sehr berechtigten Skeptizismus dem Kapitalismus, dem Kunstmarkt und der nach wie vor von Männern dominierten Wirtschaft und Wissenschaft gegenüber zu bewahren, charakterisiert ihr Leben und Werk.
In der Verwendung der Neuen Technologien, im Wechsel der Rollen, in der Arbeit mit Gruppen, Kooperationen und in Teams mit temporären, oft ephemeren Projekten neigt frau in der so auf Artefakte fixierten Kunstszene zu verschwinden. Doch gerade das reizt Schimana und treibt sie an. Sie hat sich auf dieses Feld begeben, weiß um seine Gefahren und spielt – schafft es durch ihre Arbeit, durch ihre zahlreichen Auftritte, die wie Blitzlichter aufleuchten, sich für kurze Augenblicke in den Kunst-, Landschafts-, Bild-, Radio-Sound-Technologie-Raum zu rücken, Spuren zu hinterlassen, um sich sofort wieder auf neue Wege zu begeben.
Mit der Gründung des von ihr konzipierten IMA, des Instituts für Medienarchäologie, an dem sie schon seit 1998 arbeitete und das 2007 in der ehemaligen Tabakfabrik in Hainburg einen ständigen Ort fand, hat sie Geschichte geschrieben. »Das Institut für Medienarchäologie arbeitet an der Bruchstelle von analog und digital und an der Schnittstelle von Forschung und Vermittlung insbesondere in Zusammenhang mit Akustik, Klangmaschinen und digitaler Musik … Schwerpunkt sind Ausgrabungen von Produktionen von Frauen im Bereich der elektronischen Kunst und deren Sichtbarmachung für eine breitere Öffentlichkeit. Innerhalb dieser Forschungsmaterie konzentriert sich das Institut im Speziellen auf die akustischen Künste in all ihren Manifestationen.«1
Elektronische und akustische Klangerzeugung, der Körper, die Skulptur, der Raum, das Ereignis, spielen bei ihren Soundarbeiten eine wechselnde Rolle. Alles in Bewegung – auch hier lässt sie sich nicht festlegen, kommt nicht zur Ruhe, lässt sich nicht festschreiben.
Genausoviel, wie sie für sich tut, tut sie für andere. Sie gibt sich nicht zufrieden mit der Rolle der alleine Kunstschaffenden, zieht immer andere Künstlerinnen und Künstler mit, fördert, wird gefördert, kooperiert.
So ist sie auf der Suche nach feministischen Positionen innerhalb der Genres der elektronischen Musik und der Medienkunst, nach Pionierinnen und Pionieren der Medienkunst und elektronischen Klangkunst, nach ähnlich arbeitenden, produzierenden, kuratierenden und aufführenden Künstlerinnen und Künstlern, nach verwandten Institutionen, nach Dingen und Technik, die für die Klangerzeugung taugen, nach genialen Geräten, die schon für die Klangerzeugung benützt wurden – nach der Büste der futuristischen Frau.
Beim Festival der Regionen in Eberhardschlag in Oberösterreich 2001 gelang ihr gemeinsam mit dem Medienkünstler Markus Seidl ein Meilenstein in der Kunst im öffentlichen Raum. »Ein Dorf tut nichts«, in dem Schimana/Seidl für das landwirtschaftlich geprägte Dorf eine Woche Nichtstun organisierten, ist wohl eines der international am meisten rezipierten temporären Kunstprojekte im deutschsprachigen Raum. Schimana und Seidl haben das Projekt perfekt in Szene gesetzt und in der Art der Dokumentation und internationalen Distribution großes Geschick und Gespür bewiesen.

1 Aus dem Konzepttext des IMA; Konzeption: Elisabeth Schimana in Zusammenarbeit mit dem Max Brand Archiv (Helmuth Schwarzjirg) und Christian Scheib.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2013