Ein Profi und ein Poet dazu
Wenn heuer Erich Sedlak einen Förderungspreis des Landes für Dichtkunst erhält, so bedeutet dies auch ein gewisses Ausbrechen aus dem bisher praktizierten Vergabeschema. Oft (allzuoft?) lag die Betonung auf ,,Dichtkunst“ in dem Sinn, daß der Preis an Literaten ging, die vornehmlich für Literaten schreiben. Bei Sedlak ist es anders; er ist ein Profi des Schreibens, aus dessen Feder wenige Zeilen ungedruckt oder unaufgeführt blieben und ein Poet dazu. An der schriftstellerischen Karriere des Erich Sedlak (läßt dieser Begriff sich eigentlich auf viele, die hierzulande schreiben, anwenden?) war von vornherein einiges anders als bei den meisten, die sich der Literatur zugewandt haben. Er begann, für die spätere Entwicklung folgerichtig, mit einem kleinen Band von Gedichten im Eigenverlag, in denen, da und dort in einer Zeile, die spätere satirische Begabung bereits herausklingt; geschrieben und gedruckt für einen engeren Freundeskreis. Das war Anfang der siebziger Jahre. Er stieß dann zu diesem Zeitpunkt zu jenen angehenden Literaten aus Wiener Neustadt, die sich kurz darauf, 1972, als „Literaturkreis der Autoren“ zusammentun sollten, und machte bald mit erstzunehmenden Arbeiten von sich reden. Bereits in der Anthologie ,,Unsichtbare Brücken“ im Weilburg-Verlag, erschienen im genannten Jahr, zeigte er seine satirische Pranke in einer Textesammlung mit dem Titel „Morde“. Von da war’s eigentlich nur ein konsequenter Weg zur vollen Ausschöpfung seiner satirischen Begabung. Und das kam so: Maler und Graphiker etwa entwickeln aus einem bildnerischen oder technischen Einfall ihre künftige Bildwelt (Sedlaks Freund Bernhard H. Kratzig etwa ,,erfand“ zu ungefähr derselben Zeit seine Tusche auf Öl-Köpfe, die Sedlak so sehr entsprachen, daß sie mancher seiner Texte als Illustration dienten), Sedlak entwarf für sich als Grundschema ein Bild in Worten: Das des Mannes, der allein im Wirtshaus an einem Tisch sitzt und sich seinen eigenen Monolog hält; vielleicht spricht er auch zu vorhandenen oder nur in seiner Phantasie vorhandenen Gästen. Es ist immer ein Mann, der ein Schicksal mit sich trägt, meist eines, das sich nicht mehr ändern läßt und das daher ausweglos ist, so wie die Situation des Mannes. Er ist illusionslos, was seine Gegenwart und seine Zukunft betrifft, er ist einsam, nicht nur an diesem Tisch, und er reflektiert sein Selbst und die Umgebung, die ihm dieses Schicksal beschert hat und an der er leidet. „Beiselredereien“ nannte Sedlak zunächst diese kurzen Monologe. Der Mann blieb nicht lange ein auf sich gestelltes Individuum. Bald kamen seine Frau, seine Kinder, seine Freunde als Mitakteure dazu, aber er blieb immer einsam, ein Einzelgänger, während er die Umwelt mit ihren Problemen, denen er nicht entkommen konnte, in seine Monologe miteinschloß. So entstanden die Satiren des Erich Sedlak, in vielen Einzelveröffentlichungen erschienen und zusammengefaßt erstmals in dem Band ,,Die Schlaraffen-Ges.m.b.H.“ (Januskopf, 1984). Viele dieser Geschichten, zu denen die Monologe inzwischen geworden waren, enthalten dramatische Elemente; kein Wunder, daß Herbert Lederer zugriff und einige dieser Monologe für sich maßschneidern ließ: ,,Fröhliche Zeiten“ war der Titel der erfolgreichen Aufführungsserie im Vorjahr in Lederers Ein-Mann-Theater in Salzburg und im Theater am Schwedenpatz. Aber schon vorher goutierte der ORF Sedlaks Professionalität: Zunächst mit Hörspielen und Funkerzählungen, dann mit dem Stück Der Unverbesserliche“ im TV-Theater, mit einer Kabarettserie ,,Geschichten über … “ und zuletzt mit der Schwarzwaldklinik“-Nachfolgeserie „Geschichten über Mario“, die ihr geteiltes Echo nicht Sedlaks Drehbücher verdankte, sondern dem, was letztlich daraus gemacht wurde. Der Jahrgang 1947, der seine satirischen Erkenntnisse aus einer bürgerlichen Existenz als Chef einer Papiergroßhandelsfirma in Wiener Neustadt mit Frau, zwei Kindern und einer Katze schöpft, schreibt derzeit an einer neuen TV-Serie. Fröhliche Zeiten“ erscheint im Herbst, samt Dokumentation der Theateraufführung, als Buch. Und im Schreibtisch hat er das Manuskript eines Romans liegen, der das bisherige Sedlak-Bild (für viele, die sich in seinen Texten nicht erkennen, sondern sich lieber an ihnen bloß unterhalten wollen) ob seiner schonungslosen Gesellschaftskritik sprengen könnte. Daß er ein Profi ist, macht ihn manchen, die zur Literatur für Literaten einen strengen Grenzstrich gezogen sehen möchten, suspekt, vor allem, da ihm der Erfolg recht gibt. (Das darf ja hierzulande in der Dichtkunst nicht sein.) Aber seine Arbeiten enthalten mehr Poesie als gar manche beabsichtigte. Eine Poesie der Hellhörigkeit, des Mitdenkens und Mitleidens