Erwin Wagenhofer

Medienkunst
Experimental- und Animationsfilm
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We feed the world

Filmszene: Ein LKW kippt eine riesige Ladung Brot in eine Halle. Der LKW-Fahrer: „Heute kostet der Streusplitt mehr wie der Weizen, den was der Bauer produziert. Und das müssen die Leute wissen. Das müssen die Leute wissen.“ Der LKW-Fahrer führt seit zehn Jahren ganze Lastwagen voll mit noch nicht verdorbenem Brot zur Müllverbrennung. Täglich wird in Wien jene Menge Brot als Retourware vernichtet, mit der die zweitgrößte Stadt Österreichs – Graz – versorgt werden kann. Aussagen und Bilder die sich ins Gedächtnis brennen, die berühren und das nachhaltig. Szenen aus dem erfolgreichsten Dokumentarfilm der österreichischen Kinogeschichte „We feed the World“ von Regisseur Erwin Wagenhofer: ein unglaublicher Erfolg des österreichischen Films und im österreichischen Kino; ein Film über Ernährung und Globalisierung. Für diesen Film machte sich der aus Amstetten stammende Regisseur auf die Spur unserer Lebensmittel. Der Weg führte Erwin Wagenhofer durch halb Europa, nach Brasilien und wieder zurück nach Österreich. Ein komplexes, kompliziertes und oft schwer verdauliches Thema – ein Thema, das kaum jemand verstehen kann? Weit gefehlt: Kinofilm hat etwas mit Form, Kamera, Licht, Darstellern, Bildern, Erzählweise, Montage, Dramaturgie, Ton, Tonschnitt, Schnitt zu tun. Klingt auch wieder schwierig und kompliziert? Stimmt – doch Erwin Wagenhofer wählte als Regisseur eine Form, eine Erzählweise, die jeder Zuseher versteht, der jeder Zuseher folgen kann. Eine selten gewordene Kunst, vor allem auch im österreichischen Film. Ein komplexes, nicht leichtes Thema filmisch so umzusetzen, dass das Publikum es nachvollziehen, verstehen kann und gerade dadurch auch emotional zutiefst berührt wird. Das ist die hohe Kunst im Kino. Das Kino braucht solche Filme. Denn das Kino braucht die Zuseher. Und die Zuseher haben Appetit auf diese Kino-Filmkost bekommen. Kinoszene: Ein voller Kinosaal. Abspann. Das Saallicht geht an. Stille. Betroffene Besucher. Im Foyer wird dann heftig über das Gesehene diskutiert. Mehr als 200.000 Menschen haben das getan, die „We feed the World“ in Österreich im Kino gesehen haben. Gratulation Erwin Wagenhofer!

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2007