Filmdetektiv und Kunstreporter
Geboren am 20. Juni 1932 in Wien, wird Ferry Radax als Sängerknabe in Wien, später in Gesang und Klavier am Musischen Gymnasium Frankfurt am Main ausgebildet. 1944 bis 1948 verbringt er prägende Jahre in Vestenötting und Waidhofen/Thaya. Hier entsteht sein erstes Science-Fiction-Manuskript «Der Bund der 3».
«Ich inszenierte sogar erste Szenenfotos zur Illustration der Geschichte. Mit einem Steyrer Waffenrad raste mein Freund Rainer über den Hauptplatz von Waidhofen, auf dem Gepäckträger zwei brennende Raketen, und die jungen Helden fliegen im Ballon (einem Fußball) über die Grenze in die Tschechoslowakei.» Dieses Manuskript wurde zwar vom Ueberreuter Verlag als unreifes Jugendwerk abgelehnt, aber fünfzig Jahre später von der Österreichischen Nationalbibliothek erworben. Nach Kriegsende arbeitet Radax als Pressefotograf und stellt im Wiener Art Club aus. Die vielfältigen Bekanntschaften mit den Künstlerinnen und Künstlern dieser Zeit beeinflussen auch die späteren filmischen Arbeiten entscheidend. Die Malerei der Gruppe der Wiener Phantastischen Realisten und vor allem die Arbeit des US-Künstlers Edward Hopper faszinieren und inspirieren ihn. Seit 1949 entstehen Drehbücher zuerst durch Mitschreiben im Kino, dann bald eigene und ab 1953 gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Filmakademie. 1953/1954 besucht Radax die Filmhochschule in Wien und 1955/1956 das Centro Sperimentale der Cinecittà in Rom. Es folgen jahreange Arbeitsaufenthalte in der Schweiz, Deutschland und Italien. Seine Filmarbeiten führen ihn u. a. nach Frankreich, Ungarn, England, Irland, Norwegen, Japan, Peru, St. Helena, Neuseeland und in die USA. Nach zahlreichen Festivals und Preisen werden Personalen im Londoner National Film Theatre, im Pariser Centre Pompidou, in Berlin, München, Zürich, Rom und Tokio gezeigt.
Schließlich wurden auch im Wiener Filmmuseum Albertina 1993 einen Monatlang 40 verschiedene Filme aus 40 Jahren Filmschaffen und einem Gesamtwerk von 120 Produktionen gezeigt.
Die Diagonale würdigte 2012 in der Reihe «Personale» das Filmschaffen von Ferry Radax und hob darin seine bedeutende Stellung im österreichischen Film hervor.
Ferry Radax zählt mit Werken wie «Sonne halt!», «Am Rand», dem Porträt «Thomas Bernhard – Drei Tage» und seinen weiteren Filmen zum international bekannten und wichtigen Vertreter des österreichischen Experimental- und Avantgardefilms. Seine Filme verdichten die visuelle Erzählung auf das Wesentliche und unterwandern dabei gezielt die eingenommenen Erwartungshaltungen. Er war dadurch Wegbereiter und Vorbild für viele Filmemacherinnen und Flimemacher im In- und Ausland. «Ferry Radax ist Filmdetektiv und Kunstreporter, stets recherchierend und sich selbst und seine Arbeit in Gestalt von illustren ‹Agenten› miteinbringend», schreibt der Künstler und Schriftsteller Josef Schweikhardt. Durch seine Porträtarbeiten half er auch, vorerst unbekannte Autorinnen und Autoren wie Handke, Frischmuth, Bauer, Kolleritsch im deutschen Sprachraum bekannt zu machen. Drehte er doch die Künstler(innen)porträts überwiegend für deutsche Fernsehsender. Seine vorläufig letzte filmische Arbeit «Videographie I – Vestenötting 1945» nimmt Bezug auf seine Jugendjahre im Waldviertel bei Waidhofen/Thaya. Seit dem Jahr 2000 wohnt und arbeitet Ferry Radax in Hollenburg im Schloss der Familie Geymüller.
Am 20. Juni 2012 feierte er seinen 80. Geburtstag. Zu Ferry Radax’ bekanntesten Werken zählen:
«Das Floß» (1954), «Mosaik im Vertrauen» (1955), «Sonne halt!» (1959–1962), «Am Rand» (1961–1963), «Hundertwasser» (1965/1966), «H.C. Artmann» (1967), «Testament» (1967), «Forum Dichter Graz» (1967), «KONRAD BAYER oder die welt bin ich und das ist meine sache» (1969/1970), «Thomas Bernhard – Drei Tage» (1970), «Der Kopf des Vitus Bering» (1970), «Bildäußerungen psychisch Kranker» (1971), «Der Italiener» (1972), «Berg Berg» (1972), «Lehar’s Villa» (1972), «Floris von Rosemund» (1973), «Ludwig Wittgenstein» (1974–1976), «Ein Tag bei Maxim’s» (1975), «Unter Freunden» (1977), «Attentat in Gastein» (1979), «Wer sind Sie, Mr. Joyce?» (1980), «Japan, oder die Suche nach dem verlorenen Reis» (1980–1983), «Capri – Musik die sich entfernt» (1984), «Jenseits von Österreich» (1990), «Leben in Spiralen» (1998), «Videographie I – Vestenötting 1945» (2007–2011)