Franz Grabmayer

Bildende Kunst
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Farbekstatiker

Der Würdigungspreis für Bildende Kunst des Landes Niederösterreich wurde 2007 von der Jury einstimmig an Franz Grabmayr verliehen. Der 80-jährige Künstler ist einer der großen Abstrakten des Landes. Sein Werk nimmt eine außerordentliche Stellung in der Geschichte der Kunst nach 1945 ein. Der seit 1964 im Waldviertel ansässige Franz Grabmayr ist – hinsichtlich seiner Malerei – ein wahrlich ekstatischer Künstler. Seine in den letzten Jahrzehnten entstandene vielschichtige Farbmalerei ist Ergebnis eines immer wiederkehrenden dynamischen Prozesses, der bis heute an Kraft nicht nachgelassen hat. Für viele zeitgenössische Künstler ist er eines der großen Vorbilder, ein geistiger Lehrer. Gründe also genug, um diese schöne Auszeichnung des Landes Niederösterreich zu erhalten. Der 1927 in Pfaffenberg bei Obervellach in Kärnten geborene Franz Grabmayr studierte, nach der Matura und Jahren des Unterrichtens von 1954 bis 1964 an der Akademie der bildenden Künste Wien Malerei. In jener nicht gerade komfortablen Zeit ging er tagsüber seinem Brotberuf als Lehrer in einer Wiener Hauptschule im 20. Bezirk nach, nachmittags und abends studierte und malte er. Nach Erhalt des Diploms 1964 beendete Franz Grabmayr vorerst seine Wiener Zeit und übersiedelte ins obere Waldviertel, in einen Trakt des leer stehenden Renaissanceschlosses Rosenau. Hier konnte er seiner Passion, der Landschaftsmalerei, in aller Intensität und Ruhe nachgehen. In den ersten Jahren entstanden seine „Grünen Bilder“ sowie die „Bilder aus der Sandgrube“, die ein intensives Farbgefühl vermitteln. Die „Sandgruben“ malte Franz Grabmayr – nach dem Prinzip der Impressionisten – unter verschiedensten Lichtverhältnissen, also bei Tag ebenso wie in der Nacht, im Mond- oder Feuerschein.
In diesen Werken zeigte sich schon die Weltsicht des Künstlers. Es ging Franz Grabmayr nicht um die realistische Wiedergabe der Natur, der ihn umgebenden Landschaften. Es ging ihm darum, ein bildnerisches Konzept zu realisieren, welches mit der Natur zu konkurrieren in der Lage sein sollte. Ganz im cézannschen Sinne, ging es ihm um eine Kunst parallel zur Natur: nicht sklavisch abbilden, sondern bildnerisch realisieren. Es versteht sich von selbst, dass der Künstler im Laufe der Zeit seine Abstraktion weiter kultivierte. Auch wenn es Bildtitel wie „Strohpinkerln“ „Kornmandl“ oder „Sandgrube“ gibt, so bedeutet dies nicht, dass diese fotografisch exakt dargestellt sind. Franz Grabmayrs abstrakte Werke definieren sich durch eine autonome Materialästhetik. Jeden Betrachter fasziniert der Auftrag der pastosen Farbe, die in aller Regel mit dem Palettmesser erfolgt. Neben Pigmenten und Leinöl verwendet der Künstler auch Koks-Asche und Sand. Diese Bilder sind nicht glatt, ihre Oberflächen bringen die Farbe in Schwingung, die Materie tanzt gleichsam. Verglichen mit den ungegenständlichen Farbmalern, die ihre Oberflächen meist sehr luzide bearbeiten und immer wieder eine lasierende Schicht nach der anderen auftragen, um einen meditativen Effekt zu erzeugen, ist Franz Grabmayrs Farbwelt eine durch und durch materielle. Die Erde, die Bäume, der Wurzelstock – das sind seine Bildbezüge. Der große deutsche Informelle, Emil Schumacher, formulierte einmal für seine Malerei: „Der Erde näher als den Sternen“. Selbiges könnte für Franz Grabmayr gelten, der in der Lage ist, aus einem abgebrannten Stoppelfeld, für welches sich sicherlich außer einem Bauern niemand interessiert, ein ästhetisches Bildabenteuer entstehen zu lassen. Diese Kunst repräsentiert keine introvertierte Bildwelt, sondern Dynamik, Expression und Rausch. Lassen wir den Künstler sprechen: „Das Feuer hat so eine Wildheit, man muss ihm die gleiche Kraft entgegensetzen. Ich habe die Farbe aus dem Kübel auf die Leinwand geworfen: die Kraft und die Wildheit des Feuers und meine Kraft und Wildheit auf der Leinwand. Das kann man nicht mit dem Pinserl feinmalen.“

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2007