Franz Sales Sklenitzka

Literatur

Gelungene Kombination von Spannung und Humor

„Dein Reiseziel steht fest: Es ist eine geheimnisvolle, stille Landschaft abseits der großen Straßen – das Waldviertel, das alte, sagenumwobene Grenzland nach Böhmen und Mähren, ein Land der tiefen Forste und der trutzigen Burgen. Einsam und urtümlich ist es bis heute geblieben.“
So beginnt Franz Sales Sklenitzkas ,,Die Ruine“ (1992): mit einer Reise durch den verwunschenen ,,Nordwald“, wie das Waldviertel früher genannt wurde. Die fast lyrisch gehaltenen und trotzdem informativen Landschaftsschilderungen lassen das Buch auch als Hommage an Niederösterreich lesen, das Bundesland, dem sich der Autor offensichtlich von Geburt an verhaftet fühlt. Nicht nur seine biographischen Daten – er wurde am 20. Dezember 1947 in Lilienfeld geboren, absolvierte die Lehrerbildungsanstalt in St. Pölten und lebt seit vielen Jahren in Wilhelmsburg an der Traisen -weisen eine starke Bindung an Niederösterreich auf, auch mehrere seiner literarischen Arbeiten stellen seine emotionale Nähe dazu unter Beweis: neben der „Ruine“ vor allem ,,Der Schatz im Ötscher“. Bei beiden Texten handelt es sich – der ruhige Erzählton der oben zitierten Passage soll nicht täuschen – um veritable Abenteuergeschichten, in kurzen, prägnanten Sätzen erzählt, die sich häufig der gesprochenen Sprache annähern. Von literaturwissenschaftlicher Bedeutung sind sie vor allem auf formaler Ebene: ,,Der Schatz im Ötscher“, gefolgt von weiteren ,,Spiel und Leseabenteuern“ wie ,,Die Ruine“ oder ,,Der schwarze Graf“, brachte schon im Jahr 1985 interaktive Aspekte in die deutschsprachige Kinderliteratur ein, lange bevor ,,Interaktivität“ medial bedingt in aller Munde war. Es sind gewissermaßen „Basteltexte“, die nicht stringent von der ersten bis zur letzten Seite gelesen werden; der Autor schickt den Leser von einer Textstelle zu einer anderen, die viele Seiten entfernt liegt, und wieder zurück und kreuz und quer. Das Besondere: der Leser bestimmt den Verlaufder Geschichte selbst, indem er injeder Situation mehrere Reaktionsmöglichkeiten vorfindet: „Du erreichst eine kleine Pforte. Willst du eintreten? Weiter bei 90. Oder willst du umkehren? Weiter bei 100.“ Diese innovative Leistung stelltjedoch nur einen Aspekt im Werk von Franz Sales Sklenitzka dar. Sein größter Verdienst um die österreichische Kinderund Jugendliteratur liegt sicherlich in seinem Beitrag zum phantastischen Genre, insbesondere in der gelungenen Kombination von Spannung und Humor. Mit„Drachen haben nichts zulachen“ (1979) und ,Aug‘ umAug‘ Zahn um Zahn-Hut um Hut“ (1981), zwei Genre-Parodien voller Pointen und witziger Verfremdungen, hat er nicht nur beispielhaft liebenswerte Antihelden geschaffen, sondern Maßstäbe in der österreichischen Unterhaltungsliteratur gesetzt. Spätestens an dieser Stelle muss gesagt sein, dass es sichbei Franz Sales Sklenitzka um ein kreatives Multitalent handelt, der als Autor von Kinderbüchern, Schulbuchbeiträgen und Hörspielen, Herausgeber, Illustrator, Cartoonist und Graphiker gleichermaßen arbeitet und demgemäss seine Texte auch selbst – mit hohem Unterhaltungswertillustriert. ,,Spannung, Humor und Vielseitigkeit“ diese Begriffe prägen sein Werk, das seit seinem ersten Buch ,„7000 rosa April Maikäfer“ im Jahr 1973 bereits an die 5o Titel umfasst: Spannung trägt seine abenteuerlichen Erzählungen, Krimis und Science Fiction-Texte; Humor bestimmt den Erzählduktus selbst dann, wenn er realistische Plots mit durchaus problem-orientierten Inhalten wählt (z.B. die unaufdringliche Kritik an der Wegwerfgesellschaft in den ,,Sperrmüllpiraten“). Vielseitigkeitwiederum zeigt Sklenitzka sowohl im Hinblick auf unterschiedliche Genres als auch auf das Alter des angesprochenen Zielpublikums: Er veröffentlicht Erzählungen für Kinder ab 12 Jahren ebenso wie Bilderbücher oder Erstleser-Geschichten, etwa die ,,Hase und Igel“-Reihe, die es sogar bis in die Vereinigten Staaten geschafft hat: ,,Hase und Igel – Der rote Sportwagen“ liegt in einer englischsprachigen Großdruckausgabe für Leseanfängervor. Wobei seine großen Erfolge auf unermüdlichen Lesereisen er ist bis zu hundert Tage jährlich unterwegs-ebenso wie zahlreiche von Kinderjurien verliehene Preise, allenvoran derLesetopia Literaturpreis 1998, die Nähe des gelernten Volksschullehrers zu seinen Leserinnen und Lesern deutlich unter Beweis stellen.Die Bandbreite seines Werkes sprengt den Rahmen einer auf geringen Raum beschränkten Würdigung. Wie heißt es in der Schlusspassage der „Ruine“? „So froh du bist, dass sich alles in Wohlgefallen aufgelöst hat – viele Fragen sind noch offen. Du gibst dich noch nicht zufrieden.“ Womit sich die Empfehlung zur eigenen Lektüre von Büchern des Franz Sales Sklenitzka verbindet.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2001