Franz Schwarzinger

Bildende Kunst

Sperrig, aber unmittelbar

Asger Jorn, Mitglied der seit 1934 bestehenden Gruppe Host, schreibt in der von dieser Künstlergemeinschaft herausgegebenen Zeitschrift Helhesten 1942, also noch während des Zweiten Weltkrieges über die Aufhebung des ästhetischen Prinzips in der Kunst: ,,Vom Häßlichsten bis zum Schönsten, alles was Charakter und Ausdruck hat, vom Gröbsten und Brutalsten bis zum Zärtlichsten und Sanftesten, alles was als Tugend des Lebens zu uns spricht, ist darstellungswürdig.“ Dieses Bekenntnis könnte ebenso gut als Leitsatz über der Kunst des mit dem Förderungspreis für Bildende Kunst 1989 ausgezeichneten Franz Schwarzinger stehen. Der dänische Künstler, der einige Jahre später zu den Gründern der Gruppe COBRA zählen wird, präzisisiert sein Wollen 1944 in der dänischen Zeitschrift A5 und schwärmt von den bekritzelten Wänden öffentlicher Toiletten und von den Kreidezeichen, mit denen Kinder Mauern und Asphalt ,,segnen“. Nun geht es dabei nicht vordergründig darum, diese Tätigkeit von Kindern als Kunst zu bezeichnen – was Jorn ja tut -, sondern als Konsequenz einer solchen Haltung um die Direktheit und Spontaneität des Tuns, auch als Künstler, und formal um die Verwendung jener Trivialformen, die wie Jorn und seine Künstlerfreunde meinten, allen Menschen verständlich wären und sein müssten, da sie von keinen wie immer gearteten soziokulturellen Konventionen eingeengt wären. Es liegt daher in einer derartigen künstlerischen Haltung genügend gesellschaftskritischer Sprengstoff in welche politische Richtung immer, die einen Künstler, welcher sich solchen künstlerischen Maximen hingibt, in eine Sonderstellung drängt, ja drängen muss.
Gehen wir davon aus, dass ein wesentlicher Qualitätsmaßstab für Kunst der Grad der dinglichen Verfremdung ist, so erfüllt das Werk Franz Schwarzingers auch diesen Anspruch konsequent. Verfremdung in dem hier angesprochenen Sinngehalt impliziert gleichzeitig Deutung, auch Symbol und lässt Schwarzinger zu subjektiven Ausformungen gelangen, die sich einerseits von der kindlichen Zeichensetzung -Ausnahmen sind etwa jene der Sexualmerkmale – entfernen, andererseits auch genügend Distanz zu ähnlichen Bestrebungen anderer Künstler finden. In dieser subjektiven Abgrenzung findet Schwarzinger als wesentliches Hilfsmittel den Einsatz der Farbe als bildfüllendes Gestaltungsmittel. Bildfüllend auch deshalb, da er Farbe als flächendeckendes Element verwendet, welches in erster Linie dazu dient, um das graphische Element der figurativen Eingrenzung zu verstärken. Finden wir die Linie in Schwarzingers Zeichnungen oftmals als Bündel übereinander geschichtet, so ist sie in den Malereien als Kontur eindeutiger definiert.
Vieles im bisherigen Werk Schwarzingers ist gekennzeichnet durch den Hang einer drastischen Manifestation, aber ist diese nicht der unmittelbarste Aus druck und die kürzeste Übersetzung starker Gefühle? Franz Schwarzinger wurde am 4. 11. 1958 in Wien geboren, lebt dort und in Traismauer. 1978 bis 1983 studierte er an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Bazan Brock und Peter Weibel. Er erhielt 1982 ein Arbeitsstipendium der Stadt Wien, 1983 einen Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich, 1984 das Romstipendium, 1985 ein Staatsstipendium. Unter anderem stellte er 1981, 1983 und 1985 in der Galerie Yppen, Wien, 1986 in der Blau-Gelben Galerie, Wien und ebenso in der modernen Galerie Krems, 1988 im Kunstverein Pforzheim, 1989 in der Cellar Gallery, Nagoya, Japan, aus. Eine Fülle von Ausstellungsbeteiligungen runden das Bild.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1989