Das Erkennen unverfälschter Schöpfung
Als die Eltern, der Zimmer- und Brunnenmeister Anton Steiner und die aus Deutsch-Beneschau stammende Mutter, Maria, 1931 von St. Georgen am Ybbsfeld nach Amstetten zogen, war ihr einziges Kind, der Sohn Fritz, zwei Jahre alt. Er besuchte von 1944 bis 1949 die Lehrerbildungsanstalt in St. Pölten und blieb dann zeitlebens um und in Amstetten Lehrer an Volks- und Hauptschulen. Der 1954 geschlossenen Ehe entstammen acht Kinder. Im Jahr 1985 siedelten sich Fritz Steiner und seine Frau in Ardagger an und betrachten sich dort ausdrücklich als daheim. Von frühzeitiger künstlerischer Beschäftigung und deren ebenso früher offizieller Anerkennung gibt der zweite Preis des Bundesministeriums für Unterricht im Jahr 1947 für eine zum Text- und Notenblatt der damals eben approbierten österreichischen Bundeshymne geschaffenen Illustration Kunde. Als Aquarellist von vornehmlich Landschaften und Karikaturist zeit- und gesellschaftspolitischer Themen blieb der Zeichner und Maler Fritz Steiner, dessen Bilder in eigenen Ausstellungen österreichweit gezeigt und exemplarisch vom Bund, vom Land sowie von privaten Sammlern angekauft wurden, nicht nur schöpferisch tätig, sondern er lehrt erfolgreich auch als Kursleiter Aquarellieren und Zeichnen in Ardagger/Kollmitzberg. Insoweit das Fritz Steiner ungemein berührende Zeitgeschehen weder vom Bild noch vom Wort ihm trefflich genug übersetzt werden kann, bedient er sich des musikalischen Klangtranfers. Melodien zu einigen hundert Liedvertonungen selbstverfaßter Gedichte nicht wenige davon religiösen Inhalts zeugen jedenfalls von weiterer Begabungskomponente, der wieder offizielle Anerkennung nicht versagt blieb, als der Ton-Dichter bei einem im Jahr 1953 ,,Das beste Jugendlied“ suchenden Bewerb den dritten Preis zuerkannt erhielt. Der vielen seiner Gedichte eigentümliche melodische Duktus inspirierte zudem die Komponisten Josef Biberauer, Helmut Schader und Ferdinand Weiss zu adäquaten Tonschöpfungen. Vervollständigt man den Anteil des bildnerischen und des musikalischen Schaffens um sein schriftstellerisches Werk, das seit 1971 allein sieben Buchveröffentlichungen ausweist, wird dem mehrfach künstlerischen Erscheinungsbild Fritz Steiners erst jene Entsprechung zuteil, die schon 1980 mit den ihn für sein Gesamtwerk als Schriftsteller, Maler und Komponist würdigenden Berufstitel Professor“ Ausdruck fand. Ebenso umfassende Würdigung lag dem ihm 1982 zuerkannten Amstettener Kulturpreis zugrunde. Der an Professor Fritz Steiner vom Land Niederösterreich als Förderungspreis 1987 verliehene Kulturpreis gilt nun im besonderen dem Dichter. ,,Du darfst nach innen schrein / solange du schweigst!“ Als er in realistischer Einschätzung politischer Machtstrukturen den Gedichtband ,,Erinnern an die Gleichung“, 1978, veröffentlichte, bestimmten die bestechend formulierten Gedanken eines Mannes, der auf der Seite der Stimmlosen oder zum Schweigen sonstwie Verurteilten steht, die Leser, ihm mit ganzer Hingabe zu folgen. Fromme Demut im Gleichnis und Anruf wurden erkannt und angenommen: ,,Vergiß nicht/ das Staunen der Rosen, / als sie der Reif verbrannt! / Die Einfalt der Ahnungslosen, / wie ist sie doch deiner verwandt.“ Die damals noch keineswegs allgemeine Trauer um den immer mehr schwindenden Einklang von Mensch und Natur ließ nicht nur die großen Förderer Friedrich Sacher, Walter Sachs und Wilhelm Szabo aufhorchen, auch seine schon eingeschworene Lesergemeinde die beiden vorher erschienenen Gedichtbände ,,Mittagswende“, 1971, sowie „Im Namen des Windes“, 1973, sind vergriffen begann die, wenn schon nicht verlorengegebene, so doch befürchtete, tödliche Bedrohung der Harmonie von Geist und Leben in der techniküberwucherten Umwelt zu begreifen. ,,Das Liebesspiel der Lerchen ist Gesang.“ Fritz Steiners lyrisches Wort ist nicht magische Chiffre und Formel, sondern Bedeutungs- und Sinnträger. Schon der Titel seines vierten Buches „Nur eine Handvoll Mut“, 1981, signalisiert Hoffnung. Der Dichter blieb nicht in der Angstschicht verharren, sondern bedachte ,,Fragen über Fragen“ und ist bei der Antwortsuche ,,um Erfahrungen reicher“ geworden. ,,Leiser leben“ rät er jetzt und alles verwerfen, ,,was uns hindert, die Botschaft treuer zu leben“. Sein Gebet Herr, dein Wort gib / wie ein Glas voll Wasser / ohne Trübung, / hell und klar im Sinn“, es wird erhört und auf der Wolkenschiffe wiederkehrendem Kurs im fünften Gedichtband ,,Stunde der Wiederkehr“, 1983, ihm, der treu den Gedichten, / daher kaum von ihnen zu trennen / das Wort, das die anderen treulos verwarfen“, neuerlich zugetragen. ,,Gedichte sind wie Vögel, die einem vertraulich zufliegen und verweilen, Nahrung zu sich nehmen, ihren Durst löschen an der Quelle des Herzens und mit der Zuneigung, die man ihnen entgegenbringt, wieder das Weite suchen, Dankbarkeit verbreitend, die auf einen zurückfällt, oft nur federleicht und kaum spürbar.“ Mit diesem Satz leitet Fritz Steiner den zweiten Teil des mit „Gedichte und Gedanken“ beschrifteten Bandes Die Hoffnungsdistel“, 1986, ein. Es ist kein Abschiedswort vom Gedicht, aber der Dichter weiß, daß das Geschehen der Zeit lyrischen Klang nur beschränkt mehr duldet. Tatsächlich wurde die strenge Form von Reim und Vers verlassen, und eindeutiger Wortaphorismus prägt eigentlich schon dieses Buch, das noch im selben Jahr als ausdrücklich „Aphoristisches“ ausgewiesen und, mit suggestiv satirischen Bildern von der Hand des Verfassers ausgestattet, unter dem Titel ,,Wagnis der Worte“ Fortsetzung und Abschluß findet und zweifellos auch „all denen, die nicht willens sind, blind, gedankenund wortlos über diese Erde zu gehen; die lieber darben, als zu verlockenden Schüsseln drängen, die sich erlauben zu schreien; die ihre Wurzeln tief in das Erdreich unnachgiebigen Fragens und Hinterfragens versenken“ gewidmet ist. Vier Romanmanuskripte und eine Anzahl Erzählungen warten noch auf Herausgabe. Einige Dramen, fast zu Ende gediehen, harren der Fertigstellung. Und ganz gewiß ist noch viel Lyrik und Aphoristisches nach eigener Einschätzung stärkste Ausdrucksmittel des unauslöschlichen Hanges zur Wahrheit zu erwarten. So gesehen darf trotz des großen literarischen Werkes, dessen zunehmend kritischer und skeptischer Charakter von der Gottsuche über den noch nicht ausgeschrittenen Weg des Erkennens unverfälschter Schöpfung bestimmt wird, die Würdigung in der Zuerkennung eines Förderungspreises noch durchaus gerechtfertigt erscheinen. Nur, was in ,,Wagnis der Worte“ als Gedanke ,,Ohne Preis kein Fleiß“ formuliert wird, kann für ihn, Professor Fritz Steiner, unter welchem Auslegungsmodus immer, nicht gelten.