Schloss Wiernitz oder die feindlichen Brüder
Wie finde und hebe ich die verborgenen kreativen Talente in meiner Gemeinde? Wie kann ich die Geschichte meiner unmittelbaren Umgebung darstellen und dafür Interesse wecken? Wie schaffe ich ein Bewusstsein für Greuel vergangener Zeiten, um daraus friedenstiftende Impulse für die Gegenwart zu gewinnen? Wie stärke ich das Gemeinschaftsgefühl in meinem Dorf? Viele Fragen, die mit einem Schlag z.B. in Würnitz, Bezirk Korneuburg, durch die Aktion der örtlichen Leiterin des Bildungs- und Heimatwerkes NÖ, Gertrude Meitz, eine Antwort gefunden haben. Zunächst ist die Aufführung eines Theaterstückes, denn das war der Kern der Aktion, nicht unbedingt hervorzuheben bzw. sensationell. Interessant wird es erst, wenn man die besonderen Umstände des Geschehens zu Würnitz betrachtet. Vorweg gesagt, Frau Meitz schreibt selbst das Stück, wobei neben der dramatischen Verdichtung des historischen Stoffes der Konflikte um Jan Hus auch eine Volkssage über Liebe, Eifersucht, Ehrgeiz und Krieg, d.h. über Schloss Wiernitz (Würnitz) und die feindlichen Brüder, die damaligen Schlossherren, Eingang findet. Recherchen in der Nationalbibliothek, im Hussitenmuseum in Tabor/Böhmen, Beschaffung von Bildmaterial, etc … werden zur Dauerbeschäftigung. Die Mitwirkung der Würnitzer im und für das Theaterstück war vorgesehen. So wurden z.B. die Männer des Gesangvereins mit ihren Frauen zu einer ,,mittelalterlichen Modeschau“ eingeladen. Die Damen konnten dafür gewonnen werden, ihren Männern nach Entwürfen von Frau Meitz Kettenhemden und Wämse zu nähen. Die Theaterkulissen wurden vom Tischler des Ortes, Herrn Glasl, kunstvoll gefertigt undvon Herrn Nemeth, einem Hobbymaler, lebensechtbemalt. Die Aufstellung derbeachtlichen Tribüne erfolgte durch freiwillige Helfer, die bis in die Abendstunden „schufteten“. Man beginnt – die örtlichen Laienspieler sollen dabei nicht vergessen werden – zu ahnen, dass hier ein ganzes Dorf im Fieber der Vorbereitung eines Festes der besonderen Art lag. Unter dem Motto ,,Die Hussiten kommen“ wurden unzählige organisatorische Schritte unternommen, die vom Engagement von Gauklern, Musikanten, Ausstellern, der Herstellung von Hussitenfahnen und lebensgroßer Holz-Hussiten bis zur Abhaltung eines ökumenischen Gottesdienstes mit dem Patriarchen der hussitischen Kirche JosefSpak reichten. Ehrlich, wer wusste vorher schon, dass es ihn gibt. Die Hussiten waren im Jahre 1428, von Lundenburg kommend, zur Donau vorgestoßen und dabei vermutlich auch durch Würnitz gezogen. Wenig war bis dato in der Gegend bekannt, daher wurden Informationsblätterverteilt, ein Informationsvortrag organisiert sowie eine Broschüre über die Hussitenkriege gestaltet. Immer war Frau Meitz dahinter, ehrenamtlich, versteht sich …Was ist eigentlich sozio-kulturelle Animation? Lebensbegleitendes Lernen? Die örtliche Leiterin des BHW NÖ zu Würnitz hat darauf in ihrer Gemeinde und für diese eine anerkennenswerte Antwort gegeben.