Gexi Tostmann

Volkskultur und Kulturinitiativen
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Gexi Tostmann – eine Marke an sich!

Dissertiert hat sie über die Tracht in Öster reich, bekannt wurde sie Anfang der 1980er-Jahre im Einsatz für die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, und heute ist sie als unumstritten im Fach zu bezeichnen: Gexi Tostmann. 1977 übernahm die 35-jährige junge Mutter die elterlichen Betriebe in Seewalchen und Wien und konnte seither das Familienunternehmen Tostmann Trachten zu einem stabilen, renommierten Wirtschaftsunternehmen ausbauen. Mit zirka 100 Mitarbeiter(inne)n werden in Seewalchen Modelle entworfen, Schnitte gezeichnet, Stoffe zugeschnitten und zu Trachten genäht, die produzierten Kleidungsstücke gelagert und ausgeliefert – alles unter einem Dach, eine Seltenheit, die in Österreich kein Beispiel kennt. Verkauft wird nicht nur an den Trachtenhandel, sondern auch an den eigenen Standorten in Seewalchen und in der Wiener Schottengasse. Mittlerweile hat sich Tochter Anna, ausgebildete Juristin, in das Unternehmen eingearbeitet und Verantwortung übernommen. Mit der Volkskultur Niederösterreich verbindet das Haus Tostmann seit 15 Jahren eine intensive Zusammenarbeit. Wa ren es zunächst das Volkslied und die Volksmusik, die in Veranstaltungen im Bandlkramerladen im Wiener Geschäft zusammenführten, wurde im Lauf der Jahre das Thema «Tracht und Trachtenerneuerung» in Niederösterreich zum zentralen Angelpunkt der Zusammenarbeit. So übernahmen Tostmann Trachten und Firmenchefin Gesine Tostmann, promovierte Volkskundlerin, Aufgaben eines niederösterreichischen Heimatwerks genauso wie die Beratung von zahlreichen volkskulturellen Vereinen und Gemeinschaften: von der Einkleidung sowie Stoff- und Schnittberatung der Volkstanzgruppen, Ortsbäuerinnen oder Volksmusikensembles bis hin zu den Festtrachten der Wein königinnen, Mostköniginnen und deren Prinzessinnen. Als größter gemeinsamer Erfolg der guten Zusammenarbeit darf die Erneuerung des niederösterreichischen Landesanzugs gewertet werden, der sich erstmals 2002 in hübschen Blautönen und als Loden- oder Schurwollanzug mit grünem Kragen und niederösterreichischen Wappenknöpfen präsentierte. Die Verbreitung des «feschen Gwandls» nahm einen Wettlauf mit der Produktion auf, sodass es gleich zu Beginn mehr Nachfrage als Angebot gab. Es dauerte nicht lange, bis die Produktion auch für mehrere Textil erzeuger interessant wurde. Heute tragen sehr viele den niederösterreichischen Landesanzug – eine Erfolgsgeschichte, die nicht zu erwarten war und daher um so mehr erfreut. Mit dem neuen niederösterreichischen Landesanzug wurde ein wahrer Trachtenboom ausgelöst. So erfreuen sich heute auch Kalmuck und Wetterfleck einer Renaissance, wie überhaupt alle regionalen, qualitativ hochwertigen Produkte im Trend liegen. Egal, ob die regionale Küche, die Volksmusik, das Brauchtum, der Dialekt oder eben die Tracht. «Wir tragen Niederösterreich» heißt die Initiative, die heuer gestartet wurde und in der dem bewussten Tragen der regionalen Gwandln eine besondere Bedeutung zukommt: Überliefertes schätzen und weiterführen und dabei offen sein für Neues aus der Mode und den persönlichen Geschmack. Denn wie beim Volkslied gilt auch hier: Die Variante ist das Original oder, wie Gexi Tostmann gern zu sagen pflegt: Es geht um die «Vielfalt in der Einheit». Herzliche Gratulation zur wohlverdienten Würdigung!

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2008