Gottfried von Einem

Musik

An allen Opernhäusern bekannt

Der diesjährige Würdigungspreisträger für Musik ist der zurzeit national wie international bekannteste österreichische Komponist, Professor Gottfried von Einern.
Der am 24. 1. 1918in Bern geborene österreichische Komponist atmete bereits in seiner frühen Jugend internationale Luft. Nach Sprachstunden in England begann er seine musikalische Laufbahn an der Berliner Staatsoper als Korrepetitor und als musikalischer Assistent bei den Bayreuther Festspielen. Während des 2. Weltkrieges betrieb der Meister Kompositionsstunden bei Boris Blacher. In seine Heimat Osterreich zurückgekehrt, bemühte sich von Einern nicht nur um den Wiederaufbau des österreichischen Kulturlebens und besonders des österreichischen Musiklebens, sondern auch staatspolitische Fähigkeiten fanden ihren Niederschlag etwa in seinem hartnäckigen Einsatz für den Künstlerkollegen Bert Brecht. Eine steile Karriere begann 1947, als Gottfried von Einern mit der Uraufführung seiner Oper ,,Dantons Tod“ nach Georg Büchner bei den Salzburger Festspielen der Durchbruch zu internationalem Erfolg gelang. Mit rund 50 Produktionen an allen Opernhäusern der Welt dürfte diese Oper die erfolgreichste aller nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Opern sein. Auch Einems nächste Oper ,,Der Prozeß“ nach Franz Kafka wurde bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Nach der weniger erfolgreichen Oper ,,Der Zerrissene“ nach Johann Nestroy gelang von Einern ein neuerlicher Paukenschlag, als ,,Der Besuch der alten Dame“ nach Friedrich Dürrenmatt 1971 in der Wiener Staatsoper uraufgeführt wurde. Am selben Haus erlebte auch ,,Kabale und Liebe“ nach Friedrich Schiller die erste Aufführung. Das bisher letzte szenische Werk des Meisters ,,Jesu Hochzeit“ nach einem Libretto seiner Ehefrau Lotte lngrisch wurde 1980 im Theater an der Wien im Rahmen der Wiener Festwochen aus der Taufe gehoben. Sie entfachte zwar einen handfesten Theaterskandal, aber weniger wegen der Musik, als aus inhaltlichen Gründen.
Die Uraufführung einer 7. Oper Gottfried von Einems, ,,Der Tulifant“, wieder nach einem Libretto von Lotte lngrisch, sollte anlässlich des 1. Donaufestivals 1988 in Grafenegg uraufgeführt werden, wozu es aber im letzten Augenblick leider nicht kam. Neben dem genannten Opernschaffen sind noch zwei Kompositionsrichtungen für das gesamte Schaffen Gottfried von Einems von besonderer Bedeutung: Einerseits das umfangreiche symphonische Schaffen, wobei besonders Auftragskompositionen für diverse große amerikanische Orchester hervorstechen, oder seine bekenntnishafte Kantate ,,An die Nachgeborenen“, in welchem Werk sich Einern mit der jüngeren Geschichte mit großer Verinnerlichung und Nachdenklichkeit auseinandersetzt. Erwähnt soll auch die 4. Symphonie, op. 80, sein, die im Mai 1988 aus Anlass der 175-Jahr-Feier der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien entstand und ihre Uraufführung erlebte. In seinem 3. Schaffensschwerpunkt, der Liedkomposition, hat sich von Einern vor allem mit Texten unseres Jahrhunderts auseinandergesetzt. Die trotz künstlerischer Ökonomie in der Vertonung aussagekräftigen Werke bieten für die internationalen Liedsänger ein dankbares Betätigungsfeld. Einen letzten derartigen Höhepunkt stellte bei den diesjährigen Salzburger Festspielen die Uraufführung seines jüngsten Liedzyklus durch Kammersängerin Christa Ludwig dar. Seit geraumer Zeit hat Gottfried von Einern eine für sein Schaffen kongeniale Wahlheimat in Rindlberg im Waldviertel gefunden. Seit annähernd 20 Jahren kann er dort in ländlicher Ruhe seinem kompositorischen Schaffen nachgehen. Einen besonders schönen Ausdruck der Verbundenheit mit dieser Wahlheimat stellt wohl der Liedzyklus ,,Waldviertler Lieder“ nach Texten von Lotte Ingrisch dar, der im Marmorsaal des NO Landhauses seine Uraufführung erlebte.
Gottfried von Einern, dessen 70. Geburtstag im vergangenen Jahr_ nicht nur in Niederösterreich, sondern weit über Osterreich hinaus, mit festlichen Konzerten begangen wurde, mögen noch viele fruchtbare Jahre des kompositorischen Schaffens in seinem Waldviertler Bauernhaus gegönnt sein – zur Erbauung seiner Mitmenschen und zum Ruhme seiner Wahlheimat!

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1989