Wunschtraum Klangwolke
Rastenberg im Waldviertel. Ein paar Häuser, ein Wirtshaus. „Sie können’s nicht verfehlen.“ Günther Rabls Haus ist nicht weit vom Truppenübungsplatz Allentsteig, dem größten Biotop Österreichs. Hier lebt und arbeitet er, zwei Häuser voneinander entfernt. Das Arbeitshaus, ebenerdig mehr Vorratskammer denn wohnlicher Raum, im ersten Stockpasst das Studio gut in die Unscheinbarkeit des Hauses. Hier wird Musik gemacht- auf Computern, mit von Rabl selbst programmierten Programmen, zu sehen auf Monitoren, zu hören durch Lautsprecher, zu Zöpfen geflochtene Kabel verbinden die Geräte. Das Material der Musik – in vielen Nächten und Tagen von Günther Rabl aufgenommen – lagert in Bändern, die in Hüllen der NASA vor dem Verfall geschützt sind. Der Förderungspreis kommt im letzten Moment: ,,Das Barometer steht aufAuswandern. Aufdie Frage: von irgendetwas musst du ja leben, sag ich nein.“ Aber es kann nicht ernster werdendas Studio bindet. Hier lässt sich in Ruhe arbeiten. Statt Schallisolierung -wie es die städtische Nähe erforderte – Anerkennung der ländlichen Nachbarn für intensive Arbeit. Kompositionsarbeit, die bei der Auswahl des Materials beginnt, sich hernach an einem Konzept entlang allmählich durch ständiges Hören verändert. Musik, die fertig ist, wenn sie auf Tonband, auf Tonträger besteht.Wenn das Stück fertig ist, kann es nicht mehr neu interpretiert werden, es bleibt die einzige Gefahr, dass es schlecht präsentiert werden kann. Klangregie, beharrt Günther Rahl, ist künstlerische Arbeit. Lautsprecherinstallation ist ein Teil der Performance, die Einbeziehung des Raums, seine Größe, seine akustischen Gegebenheiten sind Teil der Komposition. Günther Rabl gibt für seine Kompositionen aufZentimeter genau die Installation der Boxen, deren Anzahl, deren Aufstellung an. ,,Solange im Konzert die Abendkleider kostbarer sind als die Lautsprecher, wird die elektroakustische Musik nicht gesellschaftsfähig sein.“ Drei Feste elektroakustischer Musik, Tage und Nächte derAufmerksamkeit, der Wachsamkeit, der Inszenierungen von Musik für Auge und Ohr hat Günther Rabl 1988, 1989 und 1996 im riesigen Propragandakino in Allentsteig veranstaltet, 1992 auch im offenen Kulturhaus Linz. Die elektroakustische Musik hat ihr Publikum, wie auch die Klanginstallationen auf der Expo in Sevilla bewiesen haben, die Günther Rabl gemeinsam mit Dieter Kaufmann und Gottfried Martin gestaltet hat. Einer von Günther Rabls Wunschträumen ist die Realisierung der klassischen Linzer Klangwolke. Die beste Klangwolke wäre die mit klassischer Musik von heute. Ein Widerspruch? Klassisch-essentiell, aufden Punkt gebracht. Es wäre eine mehrjährige Arbeit, die Musik nicht illustrierend, sondern analytisch-kommentierend in Musik umsetzt. Im Moment arbeitet er an der Herausgabe seiner gesamten Werke aufCD. Drei CD’s sind erschienen, mit Unterstützung des SKE Fonds der Austromechana und der Stadt Linz. Niederösterreich hat die Chance, einzusteigen. Für die Fortsetzung der Reihe sind Geldgeber gesucht. Es ist wieder und wieder schwer für einen – elektroakustischen Komponisten zu glauben, dass für die Aufführung der Musik ein unverhältnismäßig größeres Budget zurVerfügung steht als für deren Produktion. Durch die CD Sammlung werden nach und nach für Sammler und Fans die rein musikalischen Seiten der Werke nachvollziehbar: ,,Mugl entsteigt“ eine Komposition mit lebenden Klängen, ,,Märchen“ -eine akustisch-optische Bildfolge, „Styx“, „Katharsis“ die Komposition auf Grundlage einer Wasserfallaufnahme oder „Betiri“, die Sprechoper nach einer baskischen Novelle, im vorigen Jahr auch bei Musik aktuell aufgeführt. Die letzten CD’s der Serie sind als Materialsammlungen geplant, wie Skizzen und Fragmente sowie einige Stücke, die mit Erfolg verhindert wurden. Seine Musikwill er in Konzerten aufgeführt wissen, einfach nur Konzerte, keine Events mit modischen Titeln. So, wie er arbeitet, sieht er sich in unmittelbarer Fortsetzung der Tradition der großen Komponisten von Monteverdi an. Viele der Kompositionen sind in Bourges, in Paris, an renommierten Plätzen elektroakustischer Aufführungen zu Gehör gebracht worden; liegt es am Publikum, dass noch immer die Salzburger Festspiele berühmter sind als ein Festival ,,absoluter musik“? Günter Rabl arbeitet als Lehrbeauftragter an der Universität für Musik. Seine Studenten sind seine Mitarbeiter, Kollegen, manchmal auch Konkurrenten. Seine Karriere begann der 1953 in Linz Geborene als Kontrabassist, Autodidakt, Matura an einer HTL; schon bald ist er einer der ersten Absolventen des Elektroakustischen Kompositionsstudiums an der Wiener Musikhochschule. Nach Solokonzerten, multimedialen Events und verschiedenen Partnern findet er mit Friedrich Gulda und Ursula Anders zum Trio zusammen.Nach der Partnerschaft kommt die Trennung von Gulda, danach wieder ein gemeinsames Projekt, eine elektroakustische Komposition ,,Landschaft mit Pianist“. Gulda liefert Improvisationen, Rabl verarbeitet sie, aus dem Band entsteht eine elektroakustische Komposition. Eine der wenigen CDs, die Gulda bei sich stehen hatte bis in die letzten Lebenstage hinein. Seit langem vergriffen.