Hans Kupelwieser

Medienkunst
Künstlerische Fotografie
Image

Verschränkung von Bild und Objekt, Fläche und Volumen

Hans Kupelwieser wurde vor allem als Bildhauer bekannt – mit zahlreichen Skulp turen im öffentlichen Raum, etwa seiner «Hohlkopfwand» im Regierungsviertel Sankt Pölten. Sein Material ist das Aluminium.Dennoch ist die Fotografie das Medium, für das sich Hans Kupelwieser von Anfang an interessierte, das seine frühesten Werkgruppen ausmacht und das seit Mitte der 1990er-Jahre auch wieder einen Schwerpunkt seines Werks bildet. Hans Kupelwiesers konzeptueller und medialer Denkansatz ist auch ausschlaggebend dafür, dass seine Skulpturen nicht im traditionellen Rahmen des Genres angesiedelt sind, sondern als «postmediale Skulpturen» (so der Titel seines Ausstellungskatalogs, Neue Galerie Graz, 2004) beschrieben werden können. Die 1980er-Jahre, als Hans Kupelwiesers Ausstellungstätigkeit begann, waren eine Zeit, in der die Grenzen zwischen den klassischen Kunstsparten in besonderer Weise zerrannen: Malereien wurden fotografiert, Fotos gemalt oder zu drei dimensionalen Objekten ausgeformt, die Konzeptkunst war mittlerweile anerkannt, die Kunst entmaterialisiert, und gleichzeitig wurde alles, was an neuen Materialien und Medien zur Verfügung stand, in der Kunst genutzt. Peter Weibel und Anna Auer kuratierten 1981 in der Secession etwa die Ausstellung «Er weiterte Fotografie», und der 1948 in Lunz am See geborene Hans Kupelwieser war einer der Protagonisten. Er befragte schon damals die Fotografie auf Realität und Repräsentation hin beziehungsweise nutzte sie zur Reflexion kunstspezifischer Fragestellungen und erkannte ihr Potenzial als künstlerisches Medium abseits ihrer Abbildungsleistung. In den 1990er-Jahren folgten großformatige Fotogramme, die Hans Kupelwiesers verstärktes Interesse an der Verschränkung von Bild und Objekt, Fläche und Volumen zeigen. Ein Fotogramm kann nur eins zu eins abbilden. Die Wiedererkennbarkeit der Objekte ist im Fotogramm zwar in vielen Dimensionen reduziert, nicht je doch im Maßstab – und wenn dort Tische ab gebildet sind, dann muss ein solches Fotogramm schon 400 mal 210 Zentimeter groß sein. Tisch und Fotopapier werden unmittelbar miteinander konfrontiert, das Objekt hinter lässt seine (Licht-)Spuren auf dem Papier, und seine Räumlichkeit bleibt auch spürbar, nachdem das Objekt weggeräumt wurde und das Fotogramm als Bild an der Wand hängt. In den aktuellsten Fotogrammserien der 2000er-Jahre ist die Verschränkung zwischen Fläche und Volumen noch ausgeprägter: Bei der Serie «Wire» etwa, die zwischen 1988 und 2002 entstand, wurden verschlungene Kabel im Fotogramm zu semitransparenten linearen Zeichnungen. Und wenn Hans Kupelwieser diese dann anschließend wieder ausschnitt, zum Teil Hintergründe beließ und mehrere Ebenen einzog, wird die fotografische Fläche zum Relief, hat wieder reale Schatten, eine neue Raumtiefe und somit ein neuerliches Volumen. Jedes weitere Bild der Serie beruht auf einem vorangegangenen, Objekt und Bild wechseln einander ab beziehungsweise greifen ineinander über, so lange, bis die einzelnen Produktionsschritte nicht mehr zu trennen sind. Durch die enge Verbindung der Fotogramme mit seinem dreidimensionalen Werk fand Hans Kupelwieser für die Fotografie einen besonderen Status: Die intermediale Korrespondenz verleiht der Fotografie einen skulpturalen Status, der sie über ihr sonst flaches, indexikalisches Bildwesen hinaushebt, andererseits zeichnet eine Autonomie seine Fotogramme aus, die zwar schon seit den 1920er-Jahren für die Fotografie als künstlerisches Medium gefordert wurde, aber innerhalb des fotografischen Diskurses immer noch unterrepräsentiert ist. Diese doppelte Bereicherung war für die Jury überzeugend, Hans Kupelwiesers Werk, das seit dem Würdigungspreis für bildende Kunst 1994 die Fotografie in äußerst konzentrierter Form verwendet, auch im Fachbereich «Fotografie» zu würdigen.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2008