Volksbildnerische Weichenstellungen
Prof. Dr. Johannes Wurzer wurde am 23. Jänner 1945 als Sohn eines (späteren) Gen da rmeriebea mten in Krems a. d. Donau geboren und verbrachte seine frühe Kindheit und Volksschulzeit in Vorau (Oststmk.). Durch die Unterzeichnung des Staatsvertrages war es 1955 möglich geworden, in die Mutterheimat- nach Niederösterreich – zurückzukehren. Als Waldviertler – die Eltern bezogen ein Haus in Gföhl- und Fahrschüler besuchte er das Piaristengymnasium seiner Geburtsstadt, wo er 1963 maturierte. Nach dem Präsenzdienst in Langenlebarn (Flieger-Tel) und dem Abiturientenlehrgang an der Lehrerbildungsanstalt in Krems trat er im September 1965 in den nö. Schuldienst. Die Lehrbefähigungsprüfungen für Deutsch, Geschichte/Sozialkunde, Sozial- und Wirtschaftskunde und Maschinschreiben eröffneten ihm die Tätigkeit an Volks- und Hauptschulen, aber auch im Polytechnischen Lehrgang und an diversen weiterführenden Schulen. Vielseitiges Interesse und berufliches bzw. ehrenamtliches Engagement zeichneten schon den Junglehrer aus, sodaß sein „nebenberufliches“ Studium an der Universität Wien nicht sonderlich überraschte. Als Hauptschullehrer in Gföhl promovierte Johannes Wurzer 1980 zum Dr. phil. (Studienrichtung Pädagogik/Soziologie) mit einer Dissertation, die ihn immer näher an sein zentrales Interesse heranführte: Im Rah men des Themas ,,Kulturelle und gesellschaftlich relevante außerschulische Aktivitäten von Pflichtschullehrern (in NÖ)“ fand Wurzer immer mehr Aufgaben in der Erwachsenenbildung als persönliche Anliegen, war er doch selbst seit 1977 (bis 1993) Bildungswerkleiter in Gföhl. Durch seine auch in den Medien immer wieder gewürdigten volksbildnerischen Bern ühungen wurde der damalige Landesvorsitzende des NÖ Bildungsund Heimatwerkes, Prof. Hans Gruber, auf ihn aufmerksam und berief ihn in den Landesvorstand. War Dr. Wurzer 1982 noch Stellvertreter, wählte ihn die Generalversammlung 1984 zum Landesvorsitzenden, nachdem Prof. Gruber Ehrenvorsitzender geworden war. Diese Funktion hatte er nun durch zwölf Jahre inne. In seine ( ehrenamtliche) „Amtszeit“ fiel eine Reihe von wegweisenden Entwicklungsschritten und volksbildnerischen Weichenstellungen. Auch das NÖBHW hatte Jahrzehnte nach Ende des Hitler-Regimes seine Probleme mit den Begriffen Heimatverbundenheit, Ehre, Begeisterungsfähigkeit, Familie, Pflichterfüllung und ähnlichen Wertebegriffen, die von vielen- jedenfalls von einer kulturell tonangebenden Schicht – mit Ewiggestrigem dem Lächerlichen preisgegeben wurden.Mehr als 1.500 (ehrenamtliche) Mitarbeiter/ innen in mehr als 420 Gemeinden Niederösterreichs wollten immer wieder gemeinschaftsbezogen und fachlich motiviert werden, (zuletzt) mehr als 550.000 Teilnehmer aller jährlichen NÖBHW-Veranstaltungen sollten erkennen, daß Bildung und Kultur unverzichtbare ,,Investitionen“ in eine persönlich zufriedene Zukunft bedeuten. Dr. Wurzer war federführend beteiligt, als seitens des BMUK „Neue Wege der Erwachsenenbildung“ im Waldviertel im Rahmen der ,,Soziokulturellen Gemeinwesenarbeit“ erarbeitet und umgesetzt werden sollten. Ein institutionsspezifisches Mitarbeiterausbildungsprojekt wurde initiiert und in Schritten umgesetzt, ein eigenes Fernschulprogramm angeboten, neue methodische Wege im Bereich der volkskulturellen Arbeitsgemeinschaften wurden beschritten und deren Angebotspalette ausgebaut bzw. neue Bereiche aufgebaut. Ein arger Wermutstropfen trübte Ende der achtziger Jahre die vehemente Aufwärtsentwicklung des NÖ Bildungs- und Heimatwerkes. Die Verkaufgenossenschaft ,,NÖ Heimatwerk“ mit seinem Geschäft in der Wiener Herrengasse 6-8 mußte- nach mehr als 40jähriger Tätigkeit- den Ausgleich anmelden. Trachtenbewußtsein und regionale (Landes)identifikation müßte ja auch ohne Verkaufsstelle und ideell (weiter) zu fördern sein! Es dauerte mehr ein als ganzes Jahr, ehe es Dr. Wurzer und einigen überzeugten ,,Mitstreitern“ mit Hilfe des Landes gelang, diese ,,NÖ Heimatwerk“-Genossenschaft, die größtenteils im Besitz des NÖBHW steht, wieder zu aktivieren: Vorrangig nicht um (wirtschaftliche) Superlative zu schreiben, sondern um jene ideellen und materiellen Grundlagen und Voraussetzungen zu bieten, die ein möglichst unverfälschtes, eigenständiges nö. Trachtenbewußtsein erhalten und fördern helfen. Inzwischen ist aus dem ,,Sorgenkind“ wieder ein ernstzunehmender Partner geworden. Dr. Wurzer ist seit 1990 auch Obmann dieser Genossenschaft und haftete als ehrenamtlicher Funktionär persönlich in beiden Bereichen für einen Jahresumsatz in der Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages bei bis zu 18 hauptamtlichen Mitarbeitern. Trotz der Fülle an lebenszeitlichem Engagement gab er persönlich und im Rahmen seiner Tätigkeiten in all den Jahren auch eine Reihe von Heimat- und Fachbüchern heraus und publizierte unzählige Beiträge zur Erwachsenenbildung, zur Landes- und Regionalkultur sowie zu allgemein soziologischen Themen, für deren Inhalte er wiederholt Preise und Auszeichnungen erhielt. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Tatsache, daß er über mehr als ein Jahrzehnt Chefredakteur der Viertelja h reszeitsch rift ,,Heimat Niederösterreich“ (Bildung und Kultur- aktuell) war.Dr. Wurzer war und ist Mitglied von Landes- und Bundesdachverbänden, Gründer einiger selbständiger Vereine und Ehrenmitglied vieler nö. Einrichtungen . Seit 1988 ist Dr. Wurzer Professor an der Pädagogischen Akademie Baden und wirkt als solcher hauptberuflich in der humanwissenschaftlichen Pflichtschullehrerausbildung in den Bereichen Pädagogische Soziologie und Unterrichtswissenschaften. Der Stellenwert des ,,Bildungs- und Heimatwerkes Niederösterreich“ (in seiner neuen Bezeichnung) in der Bildungs- und Kulturlandschaft des größten österreichischen Bundeslandes sollte im 50. Tätigkeitsjahr mit dieser würdigen Preisverleihung zum Ausdruck kommen. Wo gibt es heute noch einen solch engagierten und größtenteils ehrenamtlich verantworteten öffentlichen Bereich in unserer Gesellschaft?!