Helmut Hagel

Erwachsenenbildung
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Orientierung geben, Standpunkte ermöglichen

Als Helmut Hagel als junger Gymnasiallehrer in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre in die Erwachsenenbildung in Niederösterreich einsteigt, herrscht Aufbruchstimmung in der Gesellschaft und in der Kirche. Es gibt einen großen Bildungshunger bei den Menschen im Land, und so manche Veranstaltung des Katholischen Bildungswerkes, die Hagel organisiert, wird regelrecht gestürmt – mehrere hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen da nicht selten zusammen. Hagel erlebt aber auch den Paradigmenwechsel in der Erwachsenenbildung, und als Mitglied der Diözesanleitung des Katholischen Bildungswerkes gestaltet er ihn mit. Nicht mehr die Wissensvermittlung allein steht im Vordergrund, sondern das Lernen als Entwicklungsprozess. Es ist die Zeit, in der Diskussionen noch konstruktive Dialoge sind und nicht das Gegeneinander-Ausspielen fertiger Meinungen. Daraus entwickelt Hagel seine Zielsetzung in der Erwachsenenbildung, an der er in all den Jahrzehnten unbeirrbar festhält: Er will den Menschen Orientierung geben in den zunehmend unübersichtlichen Zeiten, es ihnen ermöglichen, Standpunkte zu entwickeln. Das gilt besonders für jene Bereiche, die ihm ein besonderes Anliegen sind: die religiöse und die politisch-soziale Bildung. Beide Bereiche gehen auch ein Stück Hand in Hand, weil Hagel sich anstecken lässt von jungen Katholiken wie Erhard Busek, die ihren christlichen Glauben als Auftrag zum politischen Handeln entdecken.
Dazu kommen neue Themenfelder wie die Umwelt, Stichworte «Zwentendorf» und «Hainburger Au», die Niederösterreich prägen, denen sich Hagel stellt und wo er das Bildungswerk als Diskussionsplattform positioniert. Als Christ steht er fest auf dem Boden des Zweiten Vatikanums, er arbeitet mit in der Vorbereitung der Diözesansynode und setzt die Ergebnisse auch in seiner Bildungsarbeit um. Als Humanist ist er stets dem Argument verpflichtet, bleibt mit seinem Programm immer aktuell und setzt Akzente. In den achtziger Jahren setzt das Katholische Bildungswerk mit seinen Beiträgen wesentliche Impulse zur Bewältigung der NS-Zeit. Immer wieder greift er auch Fragen der Entwicklungszusammenarbeit auf.
In all den Jahren steht für Hagel die Bildungsarbeit in der Pfarre und in der Stadt Horn im Mittelpunkt, was angesichts seines Hauptberufes als Direktor des Gymnasiums nicht weiter verwundert. Doch seine Arbeit zieht Kreise, die weit über die Stadt hinausgehen und das ganze Land erreichen. Mit seiner Mitarbeit in diözesanen sowie landes- und bundesweiten Gremien setzt er Impulse, besonders mit seiner langjährigen Tätigkeit im Vorstand des Katholischen Bildungswerkes. Er betreut als ehrenamtlicher Regionalkoordinator für das Katholische Bildungswerk ein Waldviertel-Projekt. Ehrenamtlich ist überhaupt ein Stichwort: All das macht er ehrenamtlich – was im Wortsinn die falsche Bezeichnung ist, denn es geht ihm dabei weder um die Ehre noch um das Amt, sondern immer nur um seine Aufgabe, seine Mission.
Der schlanke, drahtige Mann beeindruckt alle durch seine Freundlichkeit und persönliche Bescheidenheit, aber auch durch seine Korrektheit und seine Genauigkeit. Immer ist er bestens vorbereitet, seine vielen Aufgaben und Funktionen erfüllt er stets pflichtbewusst und zuverlässig. Es ist kein Zufall, dass er auf die Frage, was einen guten Referenten ausmacht, als Erstes eine «solide und gründliche Vorbereitung» nennt. Helmut Hagel ist ein strukturierter Mensch, einer, der gut plant und alles bedenkt, bei dem es keine negativen Überraschungen gibt. Wo es möglich ist, sucht er die Kooperation, etwa mit der Volkshochschule, der Caritas, dem Weltladen und dem Bildungs- und Heimatwerk … die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
Neben dem religiösen und politischsozialen Bereich ist ihm der musischkulturelle Bereich ein besonderes Anliegen. Helmut Hagel ist ein begeisterter Sänger. Seine Freude am gelingenden Miteinander lebt er aber nicht nur im Chorgesang aus, sondern sie ist auch tragendes Motiv seines lebenslangen vorbildlichen Wirkens in der niederösterreichischen Erwachsenenbildung.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2012