Die Einsamkeit des Komponisten
Den Würdigungspreis des Landes Niederösterreich hat die Jury aus Komponisten, Musikveranstaltern, Musikwissenschaftern und Interpreten heuer ganz schnell und einstimmig dem Stockerauer Komponisten und Kompositionslehrer Herbert Lauermann verliehen. Die Wahl war einfach, sie lag aufder Hand oder besser: sie schwang in der Luft. Der 1955 geborene Herbert Lauermann mit Wohnsitz Stockerau hat nicht nur sämtlichen österreichischen Ensembles für neue Musik zu erfüllenden Abenden, den Veranstaltern zu einem erfrischten und gern wiederkehrenden Publikum, den Zuhörern zu beglückenden, erkenntnisreichen Momenten verholfen, er hat Ton um Ton die österreichischen, aber auch die Opernhäuser rundum erobert. Er hat sich in kleinen und kleinsten Formen erprobt, er ist zugleich aber einer der wenigen, die große Strecken mit großen Klangkörpern überwinden können. Das RSO Wien und andere große Orchester haben seine Werke erfolgreich erprobt. Die eindrucksvollsten musikalischen Ereignisse: ,,Kar-Raum. Musik.Theater.“ ist eine Oper, die 1994 auf der Staumauer Reisseck in Kärnten stattfand für ein Publikum, das in Bergschuhen und Wanderjacken aufdas Reisseck stieg, um hier die Geschichte einer unerfüllten Liebe zu erleben. „Kar“ handelt von einer Frau, die-was wirklich in den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts geschah – auf ihren Mann, der sich kurz nach der Hochzeit verabschiedet hat, ein Leben lang wartet. Das Happyend: Die alte Braut findet die unversehrt jung gebliebene Leiche des Verunglückten. Die Musik spielt die schönste Rolle – die der Sehnsucht. „Simon“, die Kirchenoper für den Carinthischen Sommer 1984 war auch in der Otto Wagner-Kirche am Steinhofzu sehen. An einem Musiksommerabend erlebten die Zuhörerinnen und Zuhörer inmitten des Jugendstil-Ambientes die Geschichte von Simon, dem frommen Schriftgelehrten, der sich von Jesus zwar angesprochen fühlt und dennoch Zweifel an den extremen Forderungen des Kirchengründers empfindet. Ein Abend in den 8oern wurde dank der Musik Lauermanns nach einem Textbuch Herbert Voggs zu einer Reise in das Todesjahr Jesus. ,,Wundertheater“ nach Cervantes, wieder eine Arbeit mit dem Librettisten Christian Fuchs, ist eine Komödie über-nichts, über eine großen Bluff, über die große Ankündigung, die ultimative Herausforderung für das Publikum, die eine bankrotte Prinzipalin vor dem Untergang retten soll. Herbert Lauermanns Einstieg in das Genre des Musiktheaters war 1981 „Das Ehepaar“. Barbara Bonney adelte als Interpretin seine Musik, in der es weniger um ein Ehepaar, sondern um eine Menage a trois geht. Lauermann vertont in seinen Opern gern menschliche Konflikte, Geschichten von Liebe und Trennung vor der Kulisse einer historisch bedeutsamen, die Menschen belastenden und sie spaltenden Zeit. Ein Ehepaar soll entnazifiziert werden, der amerikanische Leutnant verliebt sich aber in die Frau. Die Nachkriegszeit, in die Lauermann gerade noch geboren wurde, spielt auch in seinem neuesten Wurf mit: „Die Befreiung“ die in der Ulmer Oper sensationelle acht Mal lief mit über 8o Prozent Publikumsauslastung. Ihr zugrunde liegt der autobiographische Roman seines Freundes, des Dichters Francisco Tanzer, mit dem Lauermann schon viele berührende Stücke geschrieben hat. Der Protagonist Stephan – ein Wiener wie der Romanautor – kehrt nach der Emigration als amerikanischer Soldat und Dolmetscher mit den Besetzern zurück. Eine Beziehung zu der jungen Elisabeth scheitert an der Rolle, die Stephan ausfüllen muss, die er aber zugleich auch anzweifelt. Gerechtigkeit und Recht, Siegen und Vedieren verschwimmen, wie die Herkunft Stephans. „Der Schuld der einen folgt die Schuld der andern. Gemeinsam gehen sie zu Lasten des Menschen.“ (Tanzer) Was alle Werke verbindet, das sind die berührenden Geschichten von Menschen und manchmal auch Tieren, deren Schicksale wir mitfühlen können, verstehen und verfolgen. Lauermanns Musik ist ansprechend und vielsagend und dem interessierten Hörer die Hand reichend. Seine Musik lässt uns die Worte verstehen, dort wo wir sie verstehen müssen, sie ist zart und feinfühlig, sie ist melodisch und gestisch, aber es sindseine Melodien oder Gesten. Lauermanns Erfolg beruht auch auf einer ruhigen Gelassenheit, die ihn mit aufführungstechnischen Einschränkungen oder Vorgaben leben lässt; nicht zuletzt, weil er will, dass seine Musik auch aufgeführt wird. Lauermann interessiert sich nicht für die großen Katastrophen, sondern für die kleinen, unverheilbaren Wunden, die große Kriege verursachen. Er akzeptiert Kritiken, die ihm mangelnde Modernität vorwerfen, er hört gern, wenn das Publikum nach seinen Opern seine eigene Geschichte assoziiert, er schätzt jenen Kritiker der FAZ, der schreibt, dass er sich seiner Musik nicht entziehen könne. Er bietet Vielfalt und Abwechslung in Form und Stil an. Das Komponieren ist eine einsame Beschäftigung. Für den Urbannerschüler Lauermann ist natürlich sein Lehrer, aber vor allem der polnische Komponist Witold Lutoslawski wegweisend: nicht abstoßend modern, formal klar und doch eine Form der Neuartigkeit im Detail, abwechslungsreich und
unverwechselbar. Gespräche mit Kollegen gibt es kaum: „Aber letztlich kann einem niemand helfen.“ Er sieht sich als ein Glied in der Kette, sicher nicht an einem Ende. Gedanken an Endzeit, wie sie Zeitgenossen teilen, sind ihm fern. Er ist der glückliche zufriedene Komponist – der sich gelassen zurücklehnen kann, der weiß, dass seine Kunst und auch der Verdienst daraus von den Menschen abhängig ist, was mit Aufträgen, Preisen zusammenhängt. Derzeit arbeitet Lauermann an einem kompositorisch-didaktischen Projekt: mit dem Schönbrunner Marionettentheater, dem Haus der Musik und anderen Kooperationspartnern. Die großen Hits der Musikgeschichte-zum ersten Vivaldis Jahreszeiten – werden als Schöpfungsprozess bewusst gemacht. Musik nicht vom Himmel gefallen, sondern in ihrer Entstehung aus dem Material heraus nachkomponiert. Die Parameter der Musik treten auf: ein Herr Rhythmus und eine Frau Melodie und Herr Takt, jeder spricht nach seinem Muster – der Herr Forte schreit, die Frau Melodie ist die einzige, die singt, der Takt spricht im Takt der Rhythmus etwas freier, ein Kasperl dirigiert alles, die Form des Theaterstücks ist von der Form des ausgewählten Musikstücks abgeleitet, die Kinder hören also ihr Stück zweimal, ja sogar ein drittes Mal, wenn sie es bewegungsmäßig nachvollziehen. Der Beginn der Serie ist für Frühjahr 2002 geplant. Daneben läuft die Hoffnung, seine Oper ,,Die Befreiung“ auch in Österreich sehen zu können.
unverwechselbar. Gespräche mit Kollegen gibt es kaum: „Aber letztlich kann einem niemand helfen.“ Er sieht sich als ein Glied in der Kette, sicher nicht an einem Ende. Gedanken an Endzeit, wie sie Zeitgenossen teilen, sind ihm fern. Er ist der glückliche zufriedene Komponist – der sich gelassen zurücklehnen kann, der weiß, dass seine Kunst und auch der Verdienst daraus von den Menschen abhängig ist, was mit Aufträgen, Preisen zusammenhängt. Derzeit arbeitet Lauermann an einem kompositorisch-didaktischen Projekt: mit dem Schönbrunner Marionettentheater, dem Haus der Musik und anderen Kooperationspartnern. Die großen Hits der Musikgeschichte-zum ersten Vivaldis Jahreszeiten – werden als Schöpfungsprozess bewusst gemacht. Musik nicht vom Himmel gefallen, sondern in ihrer Entstehung aus dem Material heraus nachkomponiert. Die Parameter der Musik treten auf: ein Herr Rhythmus und eine Frau Melodie und Herr Takt, jeder spricht nach seinem Muster – der Herr Forte schreit, die Frau Melodie ist die einzige, die singt, der Takt spricht im Takt der Rhythmus etwas freier, ein Kasperl dirigiert alles, die Form des Theaterstücks ist von der Form des ausgewählten Musikstücks abgeleitet, die Kinder hören also ihr Stück zweimal, ja sogar ein drittes Mal, wenn sie es bewegungsmäßig nachvollziehen. Der Beginn der Serie ist für Frühjahr 2002 geplant. Daneben läuft die Hoffnung, seine Oper ,,Die Befreiung“ auch in Österreich sehen zu können.