Ingeborg Hauser

Volkskultur und Kulturinitiativen
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Von einer, die auszog, um Freude zu haben

Lebendige und gut funktionierende Kulturvereine haben ein Herz, einen Motor.
Eine treibende Kraft, die den Laden am Laufen hält und dafür sorgt, dass alles funktioniert. Jemanden mit einer Vision, einem inhaltlichen Anspruch. Frauen und Männer, die wissen, wo die Reise hingehen soll. Solche Personen sind nicht immer an vorderster Front zu finden; oft arbeiten sie in den Tiefen des Systems. Die diesjährige Würdigungspreisträgerin für Volkskultur und Kulturinitiativen ist so eine Person.

Die Geschichte von Inge Hauser als Macherin und Kulturmanagerin ist untrennbar verbunden mit dem Jazz- und Bluesklub DAKIG in Gänserndorf, der Stätte ihres Wirkens und ihrer Aktivitäten seit Jahrzehnten, gegründet 1988 – damals der erste „moderne“ Kulturverein in der Bezirkshauptstadt und vielleicht im ganzen Bezirk. Wer so exotische Musik live hören wollte, musste nach Wien reisen. Man trat an, um das zu ändern – und war damit von Beginn an sehr erfolgreich.

Der Klub bietet Platz für 50, bei gutem Wind 60 Besucherinnen und Besucher. Hier ist man eher nüchtern als spektakulär: ein Kellerraum im kulturellen Zentrum der Stadt, neben der Schmid-Villa und der Sommerszene Gänserndorf, die vom DAKIG-Team initiiert und zehn Jahre lang organisiert wurde. Wer eintritt, findet keine schummrige Bar-Atmosphäre, keine Plüschsessel und auch keine Gewölbe mit romantischer Rohziegeloptik. Dafür aber bemerkenswerten Enthusiasmus, Begeisterung für Musik – und Müdigkeit ist hier garantiert fehl am Platz.

Sehr früh war Inge Hauser Vorstandsmitglied in unterschiedlichen Funktionen; in der ersten Reihe stand sie nie. Sie war viele Jahre Obmann-Stellvertreterin, ist Schriftführerin, verantwortet seit Jahrzehnten das künstlerische Programm und die Werbelinie, ist Ansprechpartnerin für die Künstlerinnen und Künstler, verschickte wöchentliche Aussendungen schon zu Zeiten, als man so etwas noch in Briefform der Post anvertraute, und gestaltete zusätzlich vierteljährlich einen Programmfolder. Damit ist sie zugleich für die inhaltliche Ausrichtung und den öffentlichen Auftritt des Klubs verantwortlich. Doch auch hinter der Bar war und ist sie zu finden: beim Brote streichen, Getränke ausgeben, mit den Leuten reden.

Ist Inge Hauser also Herz und Hirn des DAKIG? Das könnte man sagen – es wäre aber irreführend, denn sie ist zugleich eine überzeugte Teamplayerin.

Im Gespräch ist ihre Freude am Tun nach Jahrzehnten noch immer in höchst beeindruckender Weise spürbar: ein klarer Blick auf das Machbare und Richtige und eine große Offenheit musikalischen Stilen gegenüber. Wer sich eine Hardcore-Vertreterin des Jazz erwartet, wird enttäuscht. Ihr geht es um höhere Werte als die reine Lehre – es geht um echte Musik. Deshalb gibt es im Jazzklub DAKIG seit jeher einen bunten Stilmix aus allem zu hören, was ihr musikalisch Freude macht. Denn bei aller Liebe zu Jazz und Blues war und ist es eine gesunde Portion Pragmatismus, die das DAKIG lebendig und inhaltlich interessant gehalten hat – bei beeindruckenden 45 bis 50 Veranstaltungen jährlich.

Und die Zukunft? Das Coronajahr 2020 wurde für einen Generationenwechsel genutzt. Heute ist Inge Hauser die letzte Veteranin des alten Vorstandes. Das neue Team „hat eine bessere Teambildung“, wie sie sagt: ein Programmteam, ein Finanzteam, mehr und interessiertere Leute. „Gemacht habe die Dinge immer ich – jetzt gibt es eine Aufteilung. Die machen manches klüger, arbeiten mit Online-Konferenzen, sind gut organisiert, teilen die Arbeit auf, die Sitzungen werden einfacher …“.

Nach all den Jahren erfolgte auch eine Namensänderung zu „Kulturbühne DAKIG“. Man kann also aus mehreren Gründen gelassen in die Zukunft sehen. Die Neuen haben sich gut eingearbeitet, und neben dem Jazzklub sind die beiden Theatervereine „tabu“ und „prost mortem“ mit an Bord. Damit gehört das DAKIG österreichweit zu einer kleinen Zahl an Pionierinnen und Pionieren – denn Klubs, die von unterschiedlichen Gruppen gemeinsam geführt werden, sind für Kulturinitiativen ein vielversprechender Weg in die Zukunft.

Ach ja: DAKIG ist ein Akronym. Es steht für „Der Andere Kulturverein Im Grenzbereich“.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2021