Den Dingen auf den Grund gehen
Die in Horn geborene Künstlerin, die an der Wiener Akademie studiert hat und in Wien und Niederösterreich lebt, verbindet in ihren Werken akribische Recherche mit künstlerischem Freiraum. Dies gilt ebenso für historisch motivierte Themen wie für solche aus dem Alltag, die sich mit Menschen, mit Tieren und Natur, mit Lebensentwürfen oder Ritualen auseinandersetzen. Gesellschaftlich relevante und aktuelle Anliegen sind ihr stete Motivation, darunter auch solche von Frauen, gerade in Zusammenhang mit Erinnerungskultur und historischer Aufarbeitung.
Vielfältig wie ihre Themen sind auch die gewählten Medien und Materialien, die jeweils neue Werkkomplexe mit unerwarteten Objekt- oder Bildfindungen hervorbringen. Zeichnung und Fotografie stehen dabei im Zentrum, die jedoch für Präsentationen in Displays oder Ausstellungen in eine räumliche Dimension erweitert werden. Einen Schwerpunkt bilden Arbeiten im öffentlichen Raum, die in Niederösterreich, Wien, aber auch über die Grenzen Österreichs hinaus zu finden sind. Seit den 1990er-Jahren hat Iris Andraschek, zum Teil gemeinsam mit Hubert Lobnig, Werke geschaffen, für die Kriterien wie Dialog, Kommunikation und Partizipation eine wichtige Rolle spielen und Handlungsräume aufmachen. Konkrete historische Bezugssetzungen sind auch hierbei ebenso grundlegend wie letztgültige Interpretationen offenbleiben können. Kontextbezogene und ortsspezifische Kriterien sind im gesamten OEuvre von Iris Andraschek bestimmend und bilden auch für ihre medial bestimmten Bilder einen wichtigen Referenzpunkt.
Anlässlich ihrer ersten musealen Einzelausstellung 2022 im Linzer Lentos hob Direktorin Hemma Schmutz die hohe künstlerische wie diskursive Qualität der Künstlerin hervor. Speziell ihr Engagement für Natur und Nachhaltigkeit sowie ihre langjährige intensive Auseinandersetzung mit Ökologisierung oder alternativer Landwirtschaft waren in der Ausstellung im Lentos mit neueren Arbeiten zu sehen. Dies zeigte abermals, dass die Künstlerin nicht bei einem Thema stehenbleibt, sondern sich stets Neuem und Aktuellem zuwendet. Auch hier gingen ihren Arbeiten umfassende Recherchen voraus. Seit Beginn ihrer künstlerischen Arbeit ist auch die Serie wichtig, um eine Sache komplexer und vielschichtiger zeigen zu können. Themen können so auch wieder aufgegriffen und weitergeführt werden.
Oft waren alltagskulturelle und sozialpolitische Motive Antrieb zu größeren künstlerischen Arbeiten, wie etwa bei ihrer Auseinandersetzung mit Jugendkultur. Weit über das Abbildhafte hinaus fängt die Künstlerin dabei Stimmungen ein, die sich ebenso der Realität stellen wie sie Situationen aus der Zeit nehmen, quasi verformen, und mit poetischen, oft surrealen Bildern neu beleuchten und interpretieren. Gerade jene Schnittstelle, die Privates vom Öffentlichen trennt, nimmt Iris Andraschek gerne ins Visier und verschiebt den Alltag in Inszenierungen, die durchaus auch performativ sein können, aber nie den Kontakt, den Dialog mit der Ausgangssituation abreißen lassen.
Neben ihrer künstlerischen Arbeit hat die Künstlerin auch unterrichtet, sie hat zahlreiche Preise erhalten und sich national und international an Ausstellungen beteiligt. Bedeutende größere Arbeiten entstanden beispielsweise in Gmünd und in Wiener Neustadt oder im Hof der Universität Wien. In Niederösterreich hat sie von Reinsberg bis Fratres, in Tschechien in Slavonice Werke im öffentlichen Raum installiert oder sich an Ausstellungen und Projekten beteiligt. Der ländliche Raum mit seinen Lebensgrundlagen, seinen Wert- und Ordnungssystemen hat sie dabei besonders interessiert. Von Niederösterreich zeigt sie oft Orte, die dem verklärten Tourismusblick widersprechen und eine neue Sicht auf Menschen, Landschaften und Gegenden aufmachen.
Susanne Neuburger