Iris Andraschek und Hubert Lobnig

Sonderpreis
Kunst im öffentlichen Raum
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Von Gmünd bis Reinsberg

Seit 1995 setzen Iris Andraschek und Hubert Lobnig in Niederösterreich mit ortsbezogenen künstlerischen Arbeiten wichtige Meilensteine, die das Genre der Kunst im öffentlichen Raum theoretisch und praktisch reflektieren. Oft ist ihre Herangehensweise von interdisziplinären Ansätzen geprägt und erfordert umfassende Recherchen, wenn es darum geht, einzelnen Situationen gerecht zu werden und aus künstlerischer Perspektive ein «Hier und Jetzt» zu postulieren, das nur für den speziellen Ort Gültigkeit hat. Film, Fotografie und Text sind dabei Mittel einer konzeptuellen Praxis, die einerseits größere Installationen sucht, andererseits auch Arbeiten zulässt, die kaum objekthaft hervortreten. In der visuellen Umsetzung ist also die formale Vielfalt auffällig, die den hohen Reflexionsgrad spiegelt und Themen eindringlich und historisch fundiert ausbreitet. Oft sind Partizipation der Ortsbewohner oder die Teilnahme anderer Künstler wichtige Kriterien. Generell stehen Kommunikation, Austausch oder diskursive Ansätze im Vordergrund. Dies war auch ein wichtiger Ansatz für «Life between Buildings – Lebensbaum und Kalaschnikow» (2005) in der Donau-Universität Krems von 2005, wo die beiden Künstler aus einem zweistufigen, offenen Wettbewerb als Sieger(in) hervorgingen: 21 Teppiche aus venezianischen Emailsteinchen wurden in die Betonfläche des Forum Campus eingelassen, deren Vorbilder Iris Andraschek und Hubert Lobnig bei Berbern, Kurden und Tibetern, im Iran und in Afghanistan gefunden hatten. «Mit den Teppichen werden imaginäre, kommunikative Orte geschaffen», sagen sie, «die frei bleiben für flexible Möblierungen und Veran staltungen. Mit der Idee, Teppiche aus verschiedenen Kulturkreisen zu verwenden, wollten wir die Internationalität der neu geschaffenen Universitätsarchitektur, der Fakultäten und der Nutzer(innen) der Universität unterstreichen und Wissenschaft, Bildung und Intellektualität als übergreifendes, verbindendes, die Verständigung förderndes Anliegen hervorheben.» Einen Schwerpunkt bildet das Projekt Reinsberg, das in den drei Teilen «Gemeinsame Sache» (1999), «Gemischte Gefühle» (2001) und «Schöne Aussichten» (2004) stattfand. Die kleine ländliche Gemeinde Reinsberg machte sich im Kunstbetrieb sowohl mit moderner Architektur (Burgarena), als Aufführungsort (Theater- und Opernproduktionen) als auch als Drehort einen Namen. Die beiden ersten Teile waren Gruppenprojekte, in denen der Ort selbst zum Thema der Kunst wurde und die Bewohner(innen) von Reinsberg partizipatorisch einbezogen waren. Produktion und Präsentation des Kunstprojekts waren tatsächlich eine «gemeinsame Sache». Im letzten Teil, «Schöne Aussichten», spürten Iris Andraschek und Hubert Lobnig einem Reinsberg nach, das sie mit «neuen» Bildern ausstatteten, indem sie nach Protagonisten und Handlungssträngen einer möglichen Reinsberg-Fernsehserie forschten und Reinsberg in verfremdeten Videosequenzen abermals zum Ort einer Handlung machten. Die temporäre Installation «Wohin verschwinden die Grenzen – Kam mizí hranice?» war ein Beitrag zur Landesausstellung 2009. Am Grenzübergang Fratres/Slavonice wurde direkt neben dem in den frühen 1990er-Jahren errichteten österreichischen Grenzübergang eine große Metallkonstruktion aufgebaut, die als Display für einen Schriftzug und Fototafeln diente. Die mehrteilige Fotoarbeit entstand mit Laiendarstellern aus Europa und Afrika in Cížov

Cížov ist der Infopoint des tschechischen Nationalparks Thayatal und liegt nördlich von Hardegg. Ein letzter Rest des Eisernen Vorhangs ist dort quasi musealisiert vorhanden. In den Fotos wurden Grenzszenen aus Mexiko/USA, Lampedusa/Nordafrika, Ungarn/Österreich oder von der Berliner Mauer nachinszeniert, um Aktualität wie Historizität des Themas zu betonen und dieses im Kontext von Abgrenzungsstrategien und ihrer medialen Reflexion kritisch darzustellen.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2010