Blickrichtung Gesamtkunstwerk
Isolde Joham zählt zu den Ausnahmekünstlerinnen der österreichischen Kunstszene, da sie als Malerin einer eher internationalen, besonders amerikanischen und ostasiatischen Orientierung folgt. 1932 in Mürzzuschlag geboren, studierte Joham von 1949 bis 1954 bei Eduard Bäumer an der damaligen Hochschule für angewandte Kunst (vormals Kunstgewerbeschule) und wandte sich zunächst der Glaskunst, aber auch der Freskomalerei zu, die sie 1955/56 in Kaup am Rhein auf Burg Gutenfels ausübte. 1956 wurde sie bei Bäumer Assistentin und Lektorin für Malerei, Grafik und Glaskunst.
Blickt man auf ihre geometrischen Glasfenster im Museum für angewandte Kunst (MAK), mischt sie in ganz besonderer Weise Tendenzen der Op Art mit dem ostasiatischen Mandalamotiv, was im historistischen Gesamtkunstwerk des Ferstlbaus zugleich auch als ältere Intervention aus der Bauzeit durchgehen könnte. 1968 heiratete Joham den Bildhauer Gottfried Höllwarth, mit dem sie in Wien, aber vor allem in Niederösterreich (Hainfeld) lebt und in Ateliergemeinschaft eine Art-Deco-Villa (mit einem angeschlossenen japanischen Garten voller Kunstwerke) seit 1973 zum Gesamtkunstwerk ausgebaut und revitalisiert hat.
Von 1972 bis 1993 lehrte Isolde Joham als Professorin für Glaskunst an der Angewandten (zuletzt bereits Universität für angewandte Kunst). Ihre großformatige Malerei, mit der sie 1998 neben kalligrafischen Bildübermalungen (1991–2006) begann, zeichnet sich durch die Abbildung des modernen Lebens aus. Besondere Ikonografien sind asiatische Massenware wie Drachen und alltägliche Comicfiguren aus Tourismuskitsch, verbreitet über die neuen Medien. Daneben spielen auch Filmstile aus Hollywood und Bollywood sowie Werbeplakate eine große Rolle, eingebettet ist diese Zusammenschau in eine perfekte hyperrealistische Maltechnik.
Die konsequente Abbildung unserer globalen Welten mit ihren neuen Symbolen und Mythen, die vereinzelt auch auf Tätowierungen auftauchen könnten, ist auch für junge Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart von großem Interesse. Nicht nur in den 1980er-Jahren bediente Joham eigenwillig den amerikanischen Slogan des „Anything Goes“, eine postmoderne Mischung aus Zitaten der Hochkunst, Fantasiewesen und einer gleichzeitigen Mischung subkultureller Alltagswaren, was in Amerika damals als „Appropriation Art“ bezeichnet wurde.
Selbst das dreidimensionale Pendant der „Commodity Sculpture“ (bekanntester Vertreter Jeff Koons) hat Joham mit ihren Kleinplastiken aus verschiedenfarbigen Glastechniken (teils in Murano ausgeführte komplizierte Glasgüsse) kombiniert. Ihre internationalen Ausstellungseinladungen, Ehrungen und Preise erstrecken sich vom Rollerpreis der Akademie 1954 und einem Preis der Triennale von Mailand 1956 bis zu einer Ehrenmitgliedschaft der Russischen Akademie der Künste. Auch eine Ehrenmedaille für den Kulturaustausch zwischen Nordkorea und Österreich wurde ihr überreicht. In der Wiener Albertina Modern wird Johams malerisches Werk aktuell durch die Kuratorin Angela Stief prominent in Themenschauen eingebunden.
Die früheren Collagen mit Naturmaterialien sind ähnlich wie die wilde Mischung von Motiven bis hinein in den asiatischen Bereich von Spielzeug- und Tourismuskitsch absolut einzigartig. Auch die Spiegelungen und Überlappungen, die an Hollywoodfilme oder experimentelle Doppelbelichtungen von Fotografien seit dem Bauhaus denken lassen, gehen weit über das hinaus, was männliche Kolleginnen und Kollegen wie der in Irland lebende Gottfried Helnwein oder der verstorbene Franz Zadrazil als Vertreter des Wiener Hyperrealismus entwickelt haben. Denn in Johams Universum werden auch Tiere und Muster kombiniert; ihre Farbakzente sind nicht eingeschränkt und begleitet von leuchtenden bis schrillen Lichtsensationen.
Besondere Glanzlichter sind in den Chromspiegelungen von „Harley Davidson“ (1979) zu finden. Doch sollte nicht übersehen werden, dass Gemälde wie „Electric Rider“ von 1981 mit seinem Cowboy im nächtlichen Lichtermeer, aber auch die extreme Perspektive von „The Form of Horses“ (1983) ebenso sozialkritische Aspekte ihrer vielen Reisen vom Westen bis nach Fernost mit einbeziehen, wie es für die erste Phase der amerikanischen „Appropriation Art“ charakteristisch ist.