Grenzen überwinden
Ideen für seine Heimat haben, Partner und Unterstützer dafür gewinnen, die Umsetzung vorantreiben, Engagement in überregionalen Gremien zeigen, sich von Schwierigkeiten, von Gegnern und Besserwissern nicht verunsichern lassen und unbeirrt die eigenen Ziele verfolgen – Hannes Wöhrer verkörpert den Prototyp des engagierten Entwicklers.
Von Beruf Bauingenieur, war er stets an zahlreichen weiteren Themen interessiert. Im Kern ist er sich dabei immer treu geblieben: Sein Herzensanliegen ist die Entwicklung seiner Heimat und seiner Region,sowie ein hohes Interesse für die Kunst.
Er hat den Kulturverein Forum Bad Fischau ins Leben gerufen und 25 Jahre als Obmann geführt, hat die Gründung des Regionalverbandes Schneebergland initiiert, die Blau-Gelbe Viertelsgalerie des Landes Niederösterreich und das Regionalbüro der Kulturvernetzung in Bad Fischau etabliert, hat seinen Anteil am Erfolg der LEADER-Region Schneebergland und war in der Dorferneuerung aktiv, als Obmann vor Ort und als Vorstandsmitglied im Landesverband. Er hat das Künstlersymposium Art Regia 98 abgewickelt, mit Teilnehmenden aus acht europäischen Ländern und einer weltweiten Jury samt Bewertung per Internet.
Bad Fischau war ein äußerst erfolgreicher Standort des Viertelfestivals 2003; im darauffolgenden Jahr wurde ein Symposium mit Künstlern aus Österreich, der Slowakei und Ungarn organisiert. Gezeigt wurden dann die Arbeiten in Bad Fischau, Wien, Bratislava, Budapest, Sopron und Poprad.
Und das alles neben dem eigentlichen Tagesgeschäft als Kulturinitiative mit zahlreichen Veranstaltungen jährlich.
Aber beginnen wir am Anfang. Leicht war es nicht für Hannes Wöhrer, im Gründungsjahr 1985 die Fischauer von seinen Ideen zu überzeugen. «Es hat in der Gemeinde keinen Kulturgemeinderat gegeben, keine Aktivitäten, kein Budget. Es gab Traditionsveranstaltungen mit Volksfestcharakter. Essen und Trinken standen im Mittelpunkt. Und darüber hinaus hat es nichts gegeben.»
Doch gerade dieses Vakuum schuf einen enormen Gestaltungsspielraum. Hannes Wöhrer konnte seine Ideen völlig frei umsetzen. Zum bestehenden Angebot kamen Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Mal- und Musikworkshops und exquisite Kunsthandwerksmärkte mit namhaften zeitgenössischen Künstlern. Den Rahmen bildeten ein hoher Qualitätsanspruch und die Suche nach inspirierenden Persönlichkeiten. Die Sommerfrischler haben das Programm ebenso angenommen wie das Publikum aus dem benachbarten Wiener Neustadt und der Region. Und dann haben sich auch die Fischauer immer mehr interessiert. Sichtbarstes Zeichen: Gleich mehrere Gemeinderäte sind in den Vorstand des Forums gegangen – und haben auch tatkräftig mitgearbeitet. «Dann waren wir angekommen in Fischau».
Ein weiterer Meilenstein: die Sanierung des ehemaligen Café Trofer, eines Jahrhundertwende-Fachwerkbaus. Denn damit wurde erstmals in Fischau ein ehrenamtliches Projekt realisiert. Die Eröffnung durch die damalige Landesrätin Liese Prokop war eine Premiere im Ort und zugleich ein weiteres Aha-Erlebnis für die Fischauer, die gemeint hatten: «Die sind ja dumm, sanieren dem Wirten sein Salettl.» Lange Zeit das Vereinslokal des Forums, ist das Trofer heute an eine Vinothek verpachtet, die zahlreiche kulturelle Veranstaltungen anbietet.
Allen Aktivitäten von Hannes Wöhrer ist eines gemeinsam: Sie wurden mit einem hohen Maß an ehrenamtlichem Engagement, an Spirit und Kreativität umgesetzt und sind optimal auf die Bedürfnisse des Ortes und der Region abgestimmt. Allen gemeinsam ist eine Vision. Nämlich eine Vorstellung davon, wie das Zusammenleben in einer Region funktionieren kann. Und diese Aktivitäten sind so erfolgreich und langfristig, dass man sich um deren Weiterführung keine Sorgen zu machen braucht, obwohl sich Hannes Wöhrer nach mehr als 25 Jahren zuletzt als Obmann des Forums Bad Fischau zurückgezogen hat. «Ich komme aus dem Baugewerbe und habe in den Gesprächen mit den Künstlern eine ganz andere Lebenseinstellung kennengelernt. Mit der Kunst kann man Grenzen überwinden.»
In diesem völligen Fehlen von Scheuklappen und Berührungsängsten, in der Bereitschaft, sich jederzeit mit neuen Themen und Aufgabengebieten auseinanderzusetzen, wenn sie nur dem Fortkommen des Ortes und der Region dienen, liegt vielleicht die wahre Lebensleistung von Hannes Wöhrer. Denn die Welt ist voller Bedenkenträger.