«Brückenschlagen durch kreatives Gestalten von Konzertprogrammen»
Josef Aichinger legt diese Kreativität in die Gestaltung seiner Konzertprogramme. Zwei große Festivals hat er auf die Beine gestellt: das Osterfestival «Imago Dei» in der Minoritenkirche Krems und «Glatt&Verkehrt» im Innenhof der Winzergenossenschaft Krems. LetGlatt&Verkehrtzteres mit folgender Idee: «Ich wollte etwas ausrichten, das von den traditionellen Formen ethnischer Musik bzw. Volksmusik ausgeht und gleichzeitig auf die Besonderheiten der Region eingeht, sozusagen Synergien schafft, z. B. die Atmosphäre des Austragungsortes und gewisse kulturelle Aspekte der Umgebung einbindet die Weingarten- und Heurigenkultur, die Landschaft der Wachau, die Donau, nicht zuletzt auch den kulturellen bzw. wirtschaftlichen Faktor Wein. Zudem hat es mich inhaltlich schon immer gereizt, neue Projekte zu entwickeln, in denen Musikerinnen und Musiker aus verschiedenen Kulturen miteinander konfrontiert werden.»
Musik
Musik ohne Raum ist nicht möglich «Die räumliche Situation ist für mich ein entscheidender Faktor für Musik. Musik gibt es ohne Raum nicht», erklärt Aichinger. «Ein Raum schafft Möglichkeiten oder verweigert sie – ob Konzerthaus, Kirche, Innenhof oder Open Air. Die Herausforderung besteht darin, auf den Raum einzugehen und damit gewisse Akzente zu setzen.»Josef Aichinger gründete «Imago Dei» im Jahr 1999. Bereits seit Beginn der 1990er Jahre baute er die Minoritenkirche als Spielort auf und erfand dafür den Namen «Klangraum». «Ich habe das Glück, an einem der außergewöhnlichsten und faszinierendsten Spielorte arbeiten zu dürfen, nämlich der Minoritenkirche aus dem 13. Jahrhundert», so Aichinger. Das einstige Minoritenkloster in Krems-Stein mit seinem frühgotischen Kirchenraum wurde 1796 säkularisiert. Ab 1991 gab es hier die ersten Ausstellungen der Kunsthalle Krems. «Diese Kirche hat mich seit jeher fasziniert. Die Aura dieses 800 Jahre alten Raumes in seiner geschundenen Architektur und mit den noch erhaltenen Fresken bietet eine besondere Pathetik, und seine akustische Eigenheit habe ich immer mit Klängen in Verbindung gebracht.» Das Osterfestival «Imago Dei» ist eine wohlüberlegte Synthese, eine konzeptuelle Verbindung von Klassik und Neuer Musik, kombiniert mit Lesungen und Diskussionen zu bestimmten philosophisch-theologischen Themen. Ich suche immer nach Neuem Seit er 14 war, beschäftigte er sich mit Musik, erzählt Josef Aichinger. Free Jazz stand am Anfang. Er gründete Mitte der 1980er Jahre den Jazzklub Thürnthal und ist immer auf der Suche nach Musik, die ihn selbst und das Publikum herausfordert. Es folgte die Gründung der Kunstwerkstatt Tulln, und während der Mitarbeit bei der Landeshauptstadtplanung entwickelte er das Festival «Neue Impressionen» in der Synagoge St. Pölten. Anfang der 1990er Jahre erhielt er von Wolfgang Denk, dem ersten Direktor der Kunsthalle Krems, den Auftrag, ein spartenübergreifendes Festival zu konzipieren. Aufgeführt wurde dabei «Cathedral of Dreams» von La Monte Young und Marian Zazeela, was in besonderer Weise die Magie des Raumes der Minoritenkirche offenlegte. Daraus entstanden das Festival «Kontraste» für experimentelle Klangkunst und das Osterfestival «Imago Dei».Josef Aichinger über sich: «Mein Zugang zur Musik war eher autodidaktisch. Nicht über die Schule oder Musikpädagogik und auch nicht den üblichen Trends folgend. Auch wenn ich mit 14 Free Jazz oder frei improvisierte Musik nicht verstanden habe, sie hat mich fasziniert. Ich wollte die Hintergründe erfahren und herausfinden, woher diese Musik kommt.» Diese Haltung habe er sich bis heute bewahrt. Für die Musik und auch prinzipiell. «Ich bin ständig auf der Suche nach Neuem», sagt er. Auch wenn er reist, will er möglichst an unbekannte Orte kommen. Etwa an den Amazonas, wo er entlegenste Dörfer aufsuchte. «Das ist eine Einstellung, ein Weltbild, das man lebt: Offenheit, Neugier mit einem gewissen Hang zum Risiko des Scheiterns.»