Josef Hader

Darstellende Kunst

,,Die Nachgeburt der Brille“

Frau Wurm, die auf der Hebammenstation Waldhausen am 14. 2. 1962 geholfen hat, den Josef Hader ans Licht der Welt zu bringen, hat eine kleine schwarze Hornbrille gewaschen, abgewogen und der Mutter auf den Bauch gelegt. Das Baby hat sie mit der Nachgeburt verwechselt und fallen lassen.“ So schildert der Kabarettist Josef Hader seine Geburt auf der Bühne in dem Programm „Privat“. Es kommt beim Publikum an. Auch seine revolutionäre Aufforderung ,,Topfpflanzen, bitte, gehts spaziern!“ Dabei sagt der philosophische Blödler, daß er ganz normal ist, nur manchmal glaubt er, er ist ein Topfenknödel und streut sich dann Semmelbrösel ins Haar. Er spricht das in seinem ureigenen Dialekt, der aus Nöchling (N.-Ö.) stammen dürfte, wo Hader die Volksschule besucht hat. Das Stiftsgymnasium in Melk hat sich seiner Schülerlaufbahn angeschlossen. Dann hat Josef Hader ein Lehramtsstudium für Deutsch und Geschichte in Angriff genommen. Nachdem der Niederösterreicher aber schon als Gymnasiast Kabarett „gemacht“ hat und seit der Matura bereits Soloprogramme, wurde das Studium abgebrochen und aus Hader kein beamteter Lehrer, sondern einer, der alt und jung, Menschen in allen Bundesländern quer durch die Gesellschaftsschichten, mit seinem „privaten Kasperltheater“ in Schach hält. Und zwar mit sparsamsten Mitteln (Mikrophon, E-Klavier und Lichttechnik), ohne Requisiten, ohne Maske, ohne Pantomime. Dafür mit guten Programmen, die ihn als Autor, Musiker, Sänger und Darsteller ebenso herausfordern wie er sein Publikum. Es sei das Wesen von Soloprogrammen, meint er, daß der Kabarettist so wie der Cary Cooper auf der Main street vollkommen allein mit einer Schreibmaschine, später dann mit ein paar Scheinwerfern, irgendwie gegen die Masse auftritt und sich behaupten muß. Die Masse ist überzeugt wie die Kritiker und der einzelne im Zuschauerraum, daß der unscheinbare Brillenträger, der so ruhig auf der Bühne sitzt, gerade sein Intimstes gibt, ein persönliches Geschenk an Karl, wie er das Publikum gelegentlich nennt. Natürlich ist nicht jede Preisgabe Exhibitionismus, und seinen Trick kennt er selbst nicht. Er glaubt, daß das gewisse Etwas, das einen Künstler ausmacht, diesem unbewußt bleiben muß, damit es wirkt. Seine guten Arbeitsergebnisse als Kabarettist und Schauspieler führt er da rauf zurück, daß er nur Themen angeht, die ihn interessieren und faszinieren. Er zieht die Darstellung einer Bühnen- oder Filmfigurjeder ruhigen Arbeit vor und arbeitete mit Schweiß, Durchstreichen, zerrissenen Entwürfen hart an jedem seiner mittlerweile acht Kabarettprogramme. Er nennt das buchhalterische Arbeit. Je mehr er bemüht ist, eine gute Kunstfigur zu schaffen, so sagt er, um so privater schaut das Ergebnis aus. Er will sich eigentlich als Josef Hader nicht dem Publikum öffnen. O-Ton: ,,I mach jo nur Zirkus für die Menschen, i bin net drauf aus, daß i an Therapeuten brauch.“ Aber er braucht die künstlerische Herausforderung und die der befreundeten Konkurrenz, der Tourneen, Säle, Gasthöfe und Kleinbühnen. Der Beruf ist sein Hobby. Seit der Darsteller von Mensch lieh keit, Satire und Nonsens die Kinderstuben seines Kabaretts in Wieselburg, Melk und in der Fußgängerzone verlassen hat und 1984 im Wiener ,,Niedermeier“ debütierte, ist er ein Begriff in der Szene. Er liefert ,,Sprengstoff für den Tabernakel der Gefühle“, meinte der „Kurier“. Es ist ein Höchstmaß an Verstellung, das für die Zuschauer Echtheit bewirkt, und Schauspieltechnik, erklärt sich Hader. Und wenn es ,,seelische“ Technik ist, dann ist es eine komplizierte Technik, aber es bleibt Technik. Josef Hader ist auch ein Hero der Filmleinwand geworden (,,Cappucino Melange“ und „Indien“), ein liebenswerter und bescheidener „Star“, der für gute Zwecke bei jeder Benefizveranstaltung dabei ist. Seinen ,,Kurt Fellner“ an der Seite von Alfred Dorfer als ,,Heinzi Bösel“ kennt jedes Kind, denn „Indien“ gibt es schon lange als Video. Die Basis für diesen Film war ein Theaterstück, das Hader und Dorfer in einigen Monaten entwickelt und selbst produziert haben. Auch Haders Lieder aus dem Programm „Privat“ sind hitverdächtig. Die italienischen Mozart-Opern helfen ihm angeblich dabei, geschickt musikalisch vorzugehen. Ich bin dramaturgisch geschickt mit Musik, sagt er, und wenn es für manche hochmusikalisch klingt, dann bin ich eben sehr geschickt. Josef Hader, die personifizierte Verblüffung, der Waldviertler Münchhausen, spielt vor 80 Leuten genauso gerne wie vor 800. Er investiert lieber in sein Publikum und in sich selbst, als in die Börse. Seine Investitionen verzinsen sich in Form von Preisen. Dem Würdigungspreis des Landes NÖ für Darstellende Kunst sind schon der Deutsche Kleinkunstpreis, Mainz, der Förderungspreis zur Kainz-Medaille und der Österreichische Kleinkunstpreis, der ,,Salzburger Stier“ vorausgegangen. Wenn dieser mehrfach gewürdigte, fleißige Josef Hader in der Entwicklung eines neuen Programmes steckt, ist er für die Außenwelt kaum mehr vorhanden. Ein Zustand, der sich zugunsten seiner Fangemeinde recht häufig wiederholen möge. Schließlich wünscht er sich ja selbst, ,,daß mir mei Beruf immer a Herausforderung bleibt“. Eine Identitätskrise ist nicht zu befürchten, denn eigentlich ist Hader froh, daß Teile seines Wesens auch in seiner Kunst stecken.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1995