Sensible Wege
Sensibel ist die erde über den quellen: kein baum darf gefällt, keine wurzel gerodet werden Die quellen könnten versiegen Wie viele bäume werden gefällt, wie viele wurzeln gerodet in uns Mit dem Gedicht «Sensible Wege» von Reiner Kunze lassen sich das durchgängig erkennbare persönliche Lebenskonzept und der politisch-andragogische Gestaltungshorizont von Josef Resch von mir am stimmigsten fassen. Die Nähe seines Heimatorts Reidling im Tullnerfeld zu dem im Bau befindlichen Atomkraftwerk Zwentendorf sensibilisierten den wachen Studenten der Bodenkultur und jungen Agraringenieur in den 1970er-Jahren für alles Lebendige gegenüber den verführerischen technologischen Verheißungen. Das feinfühlige Anschauen und Hinhorchen auf alle Ausdrucksweisen lebendiger Systeme, die behutsame Begegnung mit der natürlichen Umwelt weckten und förderten seine Einfühlungsgabe für andere Lebewesen, führten zur Solidarisierung und Kooperation und zum Engagement für nachhaltiges Wirtschaften, das dem Leben dient und es lebenswert macht. Josef Resch gründete den Umweltverein «Lebenswertes Tullnerfeld». Im Katholischen Bildungswerk bot sich ihm ab 1977 der geistig offene Raum, in dem er ehrenamtlich als örtlicher Bildungswerkleiter und auf Diözesanebene als Verantwortlicher für den Fachbereich Umweltbildung gemeinsam mit anderen an den erkannten ökologischen Fragestellungen arbeiten, lernen und zukunftsorientierte Projekte entwickeln konnte. Seine Weitsicht eröffnete dem Katholischen Bildungswerk in den 1980er-Jahren unter den institutionalisierten Bildungsanbietern eine Vorreiterrolle in Sachen Umwelt. Als Bio-Landbau allgemein noch als «Spinnerei» abgetan wurde, etwa 15 Jahre vor der ersten Biowelle, gelang es Josef Resch zwischen 1977 und 1982, landauf und landab durch Vorträge in Pfarren und im Bildungs- und Heimatwerk Niederösterreich für biologisch-dynamische Landwirtschaft Interesse zu wecken und zum selbsttätigen Handeln anzuregen. Neun Jahre als Lehrer an der Landwirtschaftlichen Fachschule Tulln, von 1979 bis 1988, und 24 Jahre als Leiter der Abteilung Schule, Erwachsenenbildung und Beratung im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ermöglichten ihm auch in seinem «Brotberuf», Schülerinnen und Schüler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl inhaltlich in seine Hellhörigkeit für die natürlichen Lebensräume und deren Gefährdung einzubinden als auch seine pädagogische Kompetenz auf vielfältige Weise in Zukunftswerkstätten oder -foren, Mitarbeiterbildung und Gemeinwesensarbeitsformen zu erproben. Oft wies Josef Resch darauf hin, dass er in einem «Lebensministerium» tätig sei. Ökologisches Denken und Handeln muss sich auch in Organisationssystemen und Strukturen bewähren. Um möglichst nahe an die Anliegen der Menschen und ihre natürlichen Lebensräume zu kommen, bedarf es überschaubarer Einheiten. Schon in den 1980er-Jahren war im Waldviertel ein Pilotprojekt für regionale Bildungsarbeit gestartet worden, das 2001 unter Mitwirkung von Josef Resch als ehrenamtlichem Diözesanvorsitzenden des Katholischen Bildungswerks mit finanziellen Mitteln des Landes Niederösterreich und des Arbeitsmarktservice eine nachhaltige Regionalisierung (REBE) der gesamten Erwachsenenbildungsarbeit einleitete. In diese Zeit fällt auch die wohl bedeutsamste Neuordnung der Rechtsgrundlagen des Katholischen Bildungswerks der Diözese St. Pölten: Es wurde zu einer eigenen Rechtspersönlichkeit als kirchlich und staatlich anerkannter Verein. Josef Resch, der «Chefverhandler», wurde zum ersten Obmann des neuen Vereins gewählt, in dessen Vorstand er ebenso wie als Bildungswerkleiter von Reidling bis zum heutigen Tag mitarbeitet.