Josef Wolfgang Ziegler

Sonderpreis
Chorwesen

Ein Leben für den Chorgesang

Der am 23. November 1906 im niederösterreichischen Markt Kottingbrunn geborene Josef Wolfgang Ziegler gehört jener Generation von Chorpädagogen an, ohne die die heutige Chorszene absolut undenkbar wäre. idealistisch gesinnte Männer wie Ziegler, und in einem Atemzug mit ihm sind Franz Burkhart und Fritz Heindl zu nennen, haben ihre ganze Kraft in uneigennütziger Weise aufgewendet, um speziell nach Ende des Zweiten Weltkrieges dem österreichischen Chorwesen wieder auf die Beine zu helfen. Ihre Pionierarbeit war die Grundmauer jenes stolzen Gebäudes österreichischen Chorgesanges, das wir heute als selbstverständlich hinzunehmen bereit sind, ohne daran zu denken, welch große Opfer und Mühen jene Idealisten dafür aufzubringen hatten. Der Würdigungspreisträger für außerordentliche Leistungen auf dem Gebiete des Chorgesanges, Josef Wolfgang Ziegler, verbrachte seine Kindheit in Kottingbrunn, einem idyllischen Marktflecken südlich von Baden, und absolvierte Volks- und Bürgerschule und das Gymnasium. Nach der Matura begann er 1924 das Studium der Musik an der damaligen Staatsakademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien, der heutigen Musikhochschule. Seine umfangreichen Studien, die nicht nur Schulmusik und Klavier, sondern auch Kirchenmusik und Komposition bei keinem geringeren als Franz Schmidt als Lehrer umfaßten, beschloß er 1932 mit einem Reifezeugnis. Die Staatsprüfung für Klavier hatte er bereits 1930 abgelegt und die Lehrbefähigungsprüfung für Schulmusik bestand er im Juli 1933. Bereits 1932 begann er seine Chorleiterkarriere, als er zum Kapellmeister und Stimmbildner der Sängerknaben vom Wienerwald bestellt wurde. Diese Position hatte er bis 1945 inne, allerdings durch die Einberufung im April 1941 zwangsläufig unterbrochen, 1939 trat er als Musikpädagoge in den Staatsdienst. Bereits 1935 verehelichte er sich. Seine beiden nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen Kinder Elisabeth und Wolfgang sind in die väterlichen Fußstapfen getreten und heute weithin als erfolgreiche Leiter jener Chöre bekannt, die ihr Vater begründet hatte. Nachdem Ziegler als Leutnant abgerüstet hatte, war er in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten, 1946 glückte ihm die Rückkehr in die Heimat. In Gumpoldskirchen, wo er inzwischen seinen Hauptwohnsitz aufgeschlagen hatte, gründete er, der durch seinen Hauptberuf als Mittelschullehrer in Baden, Berndorf und Wien X zur Genüge ausgelastet gewesen wäre, 1949 eine Kindersingschule, die sehr bald unter dem Namen ,,Gumpoldskirchner Spatzen“ weltweit Lorbeeren erringen sollte. Zieglers Begeisterung für das Chorwesen und für ,,seine Spatzen“ konnte der Autor dieser Zeilen bereits in frühen Jugendjahren miterleben, und ein erster Höhepunkt in Zieglers Leben als Chorleiter war wohl die Einladung, mit den ,,Gumpoldskirchner Spatzen“ im Jahre 1956 eine mehrmonatige Tournee durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika und Kanada durchzuführen. Josef Wolfgang Ziegler und sein Chor waren somit nach Abschluß des Staatsvertrages die ersten österreichischen Laienmusiker, die den Ruf Österreichs als Musikland in Übersee wieder begründeten. Zahlreiche Auslandstourneen, besonders in die europäischen Nachbarländer, brachten dem Chor und seinem Leiter unzählige internationale Lorbeeren, wozu noch mehrere Kompositionspreise in Deutschland, Belgien, Italien für die Eigenkomposition des rührigen Chordirigenten kamen. Im Jahre 1966 gab Ziegler dem vielfachen Drängen seiner einstigen, inzwischen dem „Spatzenalter“ entwachsenen Chorjünger nach und begründete den Gumpoldskirchner Kammerchor Vox Humana“, in dem sich die einstigen Spatzen der Gründungszeit um ihren verehrten und geliebten Proferl“ scharen konnten und die anspruchsvolle Literatur für gemischten Chor erarbeiteten. Zahlreiche Wettbewerbspreise und Auszeichnungen konnte dieser Chor seither erringen, und unter der Leitung des Ziegler-Sohnes Wolfgang gehört er heute zu den besten gemischten Chören der Republik Österreich. Seit seiner Pensionierung als Mittelschullehrer in den späten sechziger Jahren lebt Josef Wolfgang Ziegler nur noch der Komposition und der Organisation seiner Chöre, deren künstlerische Leitung er inzwischen in die Hände seiner Kinder gelegt hat und, um nicht der Arbeitslosigkeit“ anheim zu fallen, hat er sich auch den Aufbau und die Leitung einer Musikschule in Gumpoldskirchen aufgehalst. Professor Ziegler konnte bereits zahlreiche Auszeichnungen entgegennehmen, erwähnt seien Diplome der Kardinäle lnnitzer und König für 25- bzw. 50jährige Tätigkeit in der Kirchenmusik, die Verleihung des Berufstitels Professor durch den Herrn Bundespräsidenten 1965 und das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Niederösterreich. Dem Würdigungspreisträger, dem niemand die bald 8 Lebensjahrzehnte glauben würde, können nur noch viele Jahre der Komposition und des Wirkens für den niederösterreichischen Chorgesang gewünscht werden.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1985