Kritische Ästhetik
Seit etlichen Jahren befasst sich Judith Fegerl mit einem Kernthema der Regeneration, nämlich erneuerbaren Energien am Beispiel Photovoltaik und dem dieser Technologie innewohnenden künstlerischen Potenzial. Die Energiegewinnung aus Sonnenlicht ist ein wichtiger Baustein der Energiewende, der notwendigen Umwandlung unserer Energiesysteme von fossilen Energieträgern zu erneuerbaren. Damit geht auch eine sichtbare Veränderung von Ortsbildern und Landschaften einher. Landläufig gelten die schwarzblau schillernden Module als hässlich, als Verschandelung von Gebäuden und Stadtbild.
Mit der Arbeit „sunset_patterns“ an einem St. Pöltner Parkhaus dreht Judith Fegerl die Argumentation um und setzt Muster von Photovoltaik-Paneelen aus verschiedenen Epochen als Gestaltungselement ein. Deren Aussehen änderte sich im Lauf der Zeit und war stets auch Ausdruck des jeweiligen Zeitgeistes. Die Fassadengestaltung aus Glaspaneelen, die in rechteckige Aluminiumrahmen gefasst und keramisch mit Grafiken bedruckt sind, ist ein Appell, neben den funktionalen Aspekten auf die ästhetischen Dimensionen nicht zu vergessen, die nicht zuletzt auch eine Rolle bei der Akzeptanz von neuen Umwelttechnologien spielen.
Die Umsetzung ihrer Intervention verknüpfte die Künstlerin mit der Bedingung, auch eine reale Photovoltaikanlage auf dem Dach des Parkhauses zu errichten. Sie versorgt nun das Gebäude mit 500 Pkw-Stellplätzen auf 14 Ebenen und die darin untergebrachten Elektroladestationen und speist Strom in das allgemeine Netz. Dank der Beharrlichkeit der Künstlerin wurde ein Gebäudetyp, der als Sinnbild für die umweltschädlichen Auswirkungen des Individualverkehrs gilt, zu einem Ort der Auseinandersetzung mit Fragen der Bewältigung der Klimakrise. Judith Fegerl nützt die Kraft der Kunst, um für die ökologische und ästhetische Verbesserung unseres Planeten zu werben.
Franziska Leeb