Faux terrains
Katarina Matiasek arbeitet an der Schnittstelle von Medienkunst, bildender Kunst und visueller Anthropologie. Sowohl als Künstlerin wie auch als Anthropologin untersucht sie die Wechselwirkung von Körper, Medien und Archiv. Indem sie wesentlich mit Nichtsichtbarem operiert, fordert Matiasek die Betrachterin, den Betrachter perzeptiv auf subtile Weise heraus. Imagination und mentale Projektion bilden integrale Bestandteile ihres Verständnisses von Wahrnehmung, sodass die Arbeiten, die sich auf Bilder subjektiver und kollektiver Erinnerung beziehen, stets auch auf jene medialen, archivischen und letztlich gesellschaftlichen Mechanismen verweisen, die konstitutiv für die Genese und Rezeption der Bilder sind. Matiasek fragt nach der Institution der Fotografie, der des Archivs und danach, wie diese das Gesehene kontextualisieren und mitkonstruieren. Matiasek untersucht in «faux terrains» (2016) bühnenhafte Hintergründe, wie sie iim ausgehenden 19. Jahrhundert zur fotografischen Inszenierung von Fremdartigkeit verwendet wurden. Diese populärethnografischen Fotografien – mit teils gemalten, teils skulptural modellierten, in ihrer Zusammenstellung und Übertreibung heute bizarr wirkenden Naturkulissen – erfreuten sich zur Kolonialzeit in Europa großer Beliebtheit. Sie kamen dem zunehmenden Interesse am Fremden entgegen und bildeten eine Form visueller Unterhaltung. Die Betrachterin, der Betrachter werden bei Matiasek jedoch mit den bloßen Hintergrundlandschaften konfrontiert. Nicht ohne Grund spart Matiasek die eigentlichen Protagonisten der Darstellungen –
Aborigines, Schwarze usw. – aus. Denn bei der Semantisierung der bildlich inszenierten Fremden kam den «falschen Territorien» eine entscheidende Rolle zu. Durch sie wurden die exponierten Personen mittels kulturell vertrauter landschaftlicher Elemente europäisiert, zugleich aber auch exotisch entrückt. Sie brachten den Betrachtenden das «Andere» sozusagen nach Hause, entschärften es und machten es visuell verfügbar. Die «faux terrains» werden als reine Funktionsbilder lesbar. Sie fungierten als Projektionsflächen kultureller Aufladung und Beschriftung und bilden auf diese Weise die impliziten Vorstellungen, Projektionen und Ängste ihrer Zeit mit ab.