Leopold Schabauer

Volkskultur und Kulturinitiativen
Image

Die künstlerische Arbeit ist ein Dienst an der Gemeinschaft

Leopold Schabauer ist ein unaufgeregter Mensch. Er erzählt gelassen und mit leiser Stimme. Diese Sanftheit für Altersmilde des in den 70ern stehenden Mannes zu halten, wäre jedoch ein Missverständnis. Hier ist einer, den ein stabiles Vertrauen in das eigene Urteilsvermögen, die Emotionen, die Intuition und nicht zuletzt der Humor durchs Leben leitet. Der von seiner stets präsenten Neugier getragen wird, auf der Suche nach dem Echten und nach dem, was jemand reinen Herzens erstrebt, in der Kunst und darüber hinaus. Hier ist einer, der viel erlebt hat an Krieg und Tod und Armut, der aber dennoch nicht die Freude an einem Leben verloren hat, das reich war an Wendungen.
Nach dem Krieg, hat er den Beruf des Malers und Anstreichers gelernt und versucht, in den väterlichen Betrieb einzusteigen. Was man so Betrieb nannte damals, ein Moped mit Anhänger und ein Leben von Kleinaufträgen, es hat gerade für das Notwendigste gereicht.
Dann die radikale Wendung: die Kunstakademie. Er trat an und wurde abgelehnt.
Also ist er zur Malerschule gegangen, hat seine Ausbildung abgeschlossen und den Meisterbrief erworben. Jahre später versuchte er es mit der exakt identischen Mappe nochmals auf der Akademie und wurde angenommen. Diese Zeit bezeichnet er als eine der schönsten seines Lebens, trotz eines enormen Arbeitspensums und ständiger materieller Not: Ein Arbeitsraum stand zur Verfügung und er konnte sich dank eines kleinen Stipendiums fast ausschließlich der Kunst widmen. Um zusätzlich Geld zu verdienen beschriftete er abends für eine Gärtnerei die Kranzschleifen, und so lernte er seineerste Frau kennen …
Mit dem Abschluss der Akademie in der Tasche arbeitete er für einige Jahre als freischaffender Künstler und gründete zugleich mit seiner Frau einen Betrieb für Blumengestecke; eine kunsthandwerkliche Tätigkeit, mit der die beiden Aufträge in Baden und in der ganzen Welt abwickelten. Jedoch: In einem Prozess von mehreren Jahren rutschte er langsam in den Lehrerberuf hinein, schlussendlich bis zur Vollanstellung. Ein Beruf, der ihm blieb.
Und dann gings erst richtig los: Leopold Schabauer besuchte die erste Wiener Vorstellung der Tänzerin und Choreographin Pina Bausch, und fortan widmete er sich künstlerisch vor allem dem Tanztheater. Er absolvierte eine Ausbildung für zeitgenössische Tanztechniken, gründete 1977 die Gruppe EVOE, drehte einige Filme und wendete sich anschließend dem improvisierten Tanztheater zu. Die Gruppe entwickelte mehr als 30 skurrile und aufwendige Produktionen und wurde damit auch zu internationalen Festivals eingeladen.
Das Tanztheater war für Leopold Schabauer ein ganz besonderes Vergnügen, die Produktionen wurden jedoch immer professioneller und sind ihm zuletzt entwachsen. In den letzten Jahren realisierte er kleinere Tanzprojekte, oft unangekündigt im öffentlichen Raum. «Moriskentänze» nennt er das.
1982 erfolgte die Gründung des Vereins I.N.K. (Initiative zur Förderung der regionalen Kunst und Kultur), der mit Veranstaltungen aus allen Genres an die Öffentlichkeit trat, sich dabei aber besonders um sparten übergreifende Ansätze bemühte. In diesen Jahren beschäftigte sich INK nach ernüchternden Erlebnissen bei Fördergebern mit der Situation der Kulturinitiativen und erhielt dazu einen Forschungsauftrag, der von Jeff Bernard umgesetzt und als ebenso umfassende wie umfangreiche Studie über «autonome Kulturarbeit in Österreich» veröffentlicht wurde. Die Studie bewirkte wesentlich die Gründung der Abteilung für regionale Kulturinitiativen im heutigen Kunststaatssekretariat und ist zugleich das Basiswerk der autonomen Szene in ihren Anfängen in den 70-er- und 80-er-Jahren in Österreich.
Bis heute bestreitet INK fünfzehn bis zwanzig Veranstaltungen jährlich, aus den Bereichen Puppentheater, Musik, Literatur, Bildende Kunst und Diskussionen. Im kommenden Jahr feiert Leopold Schabauer den dreißigjährigen Geburtstag seiner Kulturinitiative. Es ist ein prägnantes Jubiläum im Schaffen eines Menschen, der immer noch als Bildender Künstler hoch aktiv ist und nahezu jeden Tag zeichnet und malt.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2011