Lic.Arch.Martha Enriquez und Arch.Dipl.Ing.Georg W. Reinberg

Architektur
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Wenn Form der Ökologie folgt

Georg W. Reinberg und seine Frau Martha Enríquez-Reinberg zählen zu den Pionieren der ökologischen Architektur in Österreich mit internationaler Ausstrahlung.
Georg W. Reinbergs Studium an der TU Wien fiel in die «Postachtundsechziger-Periode», in der der neue Zeitgeist als zartes Pflänzchen im Klima einer konservativen Architekturlehre heranwuchs.
Dennoch zeigten Lehrerpersönlichkeiten wie Ernst Hiesmayr, Karl Schwanzer oder Günther Feuerstein neue Perspektiven auf. In Österreich errichtete Ottokar Uhl erste Mitbestimmungsprojekte.
Nach Studienaufenthalten im Ausland und vielen Exkursionen wurde das Projekt Wintergasse 53, Purkersdorf (1979–1984) zum Eckstein in Reinbergs Schaffen. In fünfjähriger Planungszeit entstand für zehn befreundete Familien ein alternativer Wohnbau mit passiver Solarnutzung und Wintergärten unter der Mitbestimmung aller Beteiligten. Dazu schreibt Matthias Boeckl in «Reinberg – Ökologische Architektur», Springer Verlag 2008, unter anderem: «Der entscheidende Unterschied zu bisherigen Mitbestimmungsmodellen war, dass die Bewohner selbst als Bauherren auftraten und so das erste Selbstbestimmungsmodell im kollektiven Wohnhausbau Österreichs zunächst ohne professionellen Bauträger – aber mit Wohnbauförderung – realisieren wollten.»
In den 1980er Jahren intensivierte und vertiefte Georg W. Reinberg seine Kenntnisse über Baubiologie und konnte diese als Assistent von Anton Schweighofer an der TU Wien an seine Studentinnen und Studenten weitergeben. Als Lehrender ist er bis heute tätig, sein Engagement an der Donau-Universität Krems sei stellvertretend herausgestrichen. Immer wieder wird eine umfassende Betrachtungsweise von ökologischer Architektur zum Credo erhoben. So kann man in einem Vorlesungsskriptum über «Solares Bauen» lesen: «Um zu einer sinnvollen Energiebilanz zu kommen, muss man Architektur in ihrer Gesamtheit betrachten, über den gesamten Zyklus des Bauens, der Nutzung und der Entsorgung.»
Die Zeitspanne 1982 bis 1992 ist durch die Partnerschaft mit Martin Treberspurg, seit 1990 auch mit Erich Raith gekennzeichnet. Seit 1992 leitet Georg W. Reinberg zusammen mit seiner Frau Martha Enríquez-Reinberg ein eigenes Büro.
Drei weitere Siedlungen in Purkersdorf schließen an den Erfolg an, 1981 bis 1991 entsteht ein viel beachtetes Innovationsprojekt in Wien-Stadlau, bei dem die «Mehrzonigkeit» der Häuser eingeführt wurde. Es folgen das Projekt Brünner Straße in Wien für 215 Wohneinheiten, aber auch innerstädtische Bauaufgaben. Die Arkade Taubenmarkt in Linz (zusammen mit Team A und Georg Schönfeld) ist hier zu nennen.
Laufend werden neue Baustoffe erprobt und energietechnische Möglichkeiten ausgelotet. So wurden etwa bei einem Dachausbau in der Wiener Wollzeile Wärmepumpen zur Bauteilkühlung und -erwärmung eingesetzt.
«Reinberg» ist inzwischen zu einer Marke geworden, und eine Vielzahl vongebauter Architektur verschiedenster Nutzung zeigt die Potenz des Büros, wenn es darum geht, soziales Engagement und ökologische Sichtweise in Gebautes umzusetzen, zu verteidigen und zu propagieren. «Die Reinbergs» formulieren gemeinsam intelligente Lösungen unterschiedlichster Bauaufgaben. Dazu gehört die Beschäftigung mit vielfältigsten Materialien, das stets kluge Reagieren auf den Ort, auch auf Flora und Fauna, auf Wasser und Wind, auf die Natur schlechthin. Als Paradebeispiel hierfür seien das Betriebsgebäude der Firma Biotop (Fertigstellung 2003) und das Projekt Inselwelt Jois am Neusiedler See (Fertigstellung 2001) angeführt.
So verschieden die Arbeiten aus dem Büro Reinberg sind, das Ziel bleibt immer das gleiche: soziale und ökologische Ansprüche in sinnvolle Bauten mit einer eigenen, aus Material und Technik hergeleiteten Formensprache umzusetzen, ohne Letztere verstecken zu wollen.
Reinbergs Bauten sind immer modern, nie modisch, stets zukunftsweisend, anspruchsvoll, vorbildhaft.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2012