Lothar & Elfriede Bruckmeier

Bildende Kunst

„Alles weitere entnehme man meinen Bildern!“

Die Verleihung des Niederösterreichischen Kulturpreises an Lothar Bruckmeier ist die Bestätigung einer Künstlerpersönlichkeit, deren Existenz unzeitgemäß erscheint. Ein Aquarellist, der in einem aufgelassenen Gasthaus in einem unauffälligen Ort an der Westbahnstrecke vor den Toren Wiens lebt; der, wenn er spricht, sagt, was er sich denkt und der, wenn er malt, ohne spekulative Seitenblicke auf den Kunstmarkt in die Farben greift -, aber welche Farben, und welche Aquarelle!
Und mit den Händen greift er tatsächlich zu, wenn der Pinsel, bei der für die Nass-in-Nass-Malerei erforderlichen Arbeitsgeschwindigkeit, nicht mehr die Kontrolle über das wässrige Geschehen auf den riesigen Blättern behält. Wie der Maler diese Formate von mehr als zwei Quadratmetern in dieser schwierigen Technik bewältigt, bleibt das Geheimnis seines Schaffens. Wir stehen staunend vor den Ergebnissen: Aquarelle, Landschaftsaquarelle blühender Wiesen und Gärten, gleichsam aus Wasser und Luft und Licht und Farbe erfunden, und das 1987 … ? Vom Realismus zur Idylle war es in einer Maitechnik, der die intellektuelle Abstraktion vermittels der konturierenden Linie ihrem Wesen nach fremd ist, immer nur ein Schritt. Umso leichter jedoch öffnete sie sich andererseits einem ,,Realismus der Gefühle“, führte früh zu den radikalen Bildern etwa eines späten William Turner oder seines viel unbekannteren Zeitgenossen Carl Rottmann (1797-1859). Was in Osterreich von einem Wilhelm Thöny, einem Kurt Moldovan oder dem jüngeren Gottfried Salzmann an Aussagemöglichkeiten des Aquarells weiterentwickelt wurde, hat bei Lothar Bruckmeier eine sinnliche Ausdruckskraft gefunden, die gegenüber einer von der unwiderruflichen Vernichtung bedrohten Umwelt alles andere als unzeitgemäß ist.
Lothar Bruckmeier folgt jedoch keinem wie immer gearteten Zeitgeist, sondern allein der Notwendigkeit seines künstlerischen Talentes, das seinen Werken jene Authentizität verleiht, die einem Kunstwerk selbst aus dem Blickwinkel der historischen Nähe zu einer Aura der Ferne verhilft, die wir an ihm lieben. Und zu dieser Unzeitgemäßheit würde sich Lothar Bruckmeier, fragte man ihn, genauso bekennen, wie zu der, dass er seine Werke in einer Abhängigkeit von den Gegebenheiten der Natur, der letzten noch bestehenden lebensbestimmenden natürlichen Zyklenschaft, die uns in einer Zeit der Synchronität, wo immer und überall alles möglich zu sein scheint, zunehmend fremd werden.
Lothar Bruckmeier, 1927 in München geboren, seit 1961 in Osterreich lebend, hat von seinem bewegten Leben nie viel Aufhebens gemacht. Aus einer internationalen Karriere im Hotelgewerbe stieg er aus zu einer Zeit, wo dieses Verhalten noch nicht Thema zeitgeistiger Illustrierter war, und wurde, einem Jugendtraum folgend, Maler. Leicht hat er es sich und anderen dabei nie gemacht. Aber gerade deswegen hat er eine Wirkung entfaltet, die nicht in seiner Absicht lag; denn für viele junge Künstler und Künstlerinnen wurde er Lehrer im besten Sinne des Wortes. Lehrer nicht im akademischen Sinn, sondern als ein Mensch, mit dem die Auseinandersetzung sich lohnt, an dem es sich wachsen lässt, der einen nicht ruft, sondern kommen lässt.
Und ebenso kommen jene vielen und treuen Besucher zu den Ausstellungen und Veranstaltungen, die Lothar Bruckmeier und seine ebenso unermüdliche Frau Elfriede seit vielen Jahren in Eichgraben organisieren, ohne dass sie dafür merkbar die Werbetrommel rühren müssten. Ein Ort der Begegnung mit Kunst und Künstlern, wo jene Atmosphäre entstehen kann, die Lothar Bruckmeier gemeint hat, wenn er seine Ablehnung von Künstlervereinigungen und deren Betriebsamkeit mit einem Zitat des georgischen Volksmalers Niko Pirosmani illustriert hat: ,,Wir sollten ein großes Haus bauen und einen großen Tisch kaufen und einen großen Samowar. Wir sollten Tee trinken und dabei über Malerei und Kunst sprechen. Aber das wollt ihr ja nicht, ihr sprecht über etwas ganz Anderes!“

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1989