Magdalena Frey

Medienkunst
Künstlerische Fotografie

Bildsprache – weiblich

Rot. Immer wieder rot blitzt es, einmal aggressiv dann wieder verhalten aus Magdalena Freys Fotoarbeiten hervor. Die Evokationskraft dieser Signalfarbe zieht sich im wahrsten Sinne des Wortes wie ein roter Faden durch ihr Werk, und fast immer steht diese Farbe in Zusammenhang mit einem Aspekt des Weiblichen. Als Blutstropfen auf dem Badezimmerboden spricht die Farbe zu uns von der Fruchtbarkeit, aber auch von der Verletzlichkeit der Frau, als dampfende Tomatensuppe signalisiert sie die fürsorgliche Vitalität des Weiblichen.
Aber ist es nicht problematisch, von dem sogenannt Weiblichen zu sprechen, welches bereits so häufig als (männliches) Konstrukt entlarvt wurde? Besteht nicht die Gefahr, in Klischees zu verfallen? Vor genau diesem Problem steht auch die Grazerin und ausgebildete Krankenschwester Magdalena Frey, die sich ab 1985 dem Medium Fotografie zuwendet und schon bald weibliche Themen in ihrer Arbeit aufgreift, beispielsweise in den Fotozyklen „Mutterkuchen“ (1989) und „Kittelfalte“ (1990). Vielleicht lässt sie sich aus diesem Grunde auf kein Einzelphoto ein, welches nur einen Aspekt des bzw. der Dargestellten vor Augen führen kann und deshalb leicht zum Klischee gefriert. Stattdessen fügt sie mehrere Fotos, die einander ergänzen, relativieren oder sogar scheinbar widersprechen, zu einem komplexen Bildgefüge zusammen und erreicht somit eine große inhaltliche Dichte. Dabei ist auffallend, dass die verwendeten Fotografien aus unterschiedlichsten Kontexten stammen, private und teilweise sehr intime Fotos werden mit öffentlichen Fotos, Dokumentarfotografien, wissenschaftlichen Makro- oder Mikroaufnahmen kombiniert. Dies bezeugt nicht nur die Präsenz und Dominanz des Bildes in allen Lebensbereichen, sondern es ist auch als Konfrontation des Privaten, welches als feminin, nach innen gekehrt und deshalb traditionellerweise als nicht bildwürdig gilt, mit dem Öffentlichen zu verstehen. Gerade mit der sinnlichen Direktheit ihrer persönlichen Alltagsfotos trotzt die Fotografin den eindimensionalen und vorurteilsbehafteten weiblichen Rollenbildern, die bis heute in unserer Gesellschaft weiterleben. Anstatt allerdings ihre Kritik mit feministischem Pathos vorzutragen, lässt sie Details dafürsprechen, dass die Frau nicht zwangsläufig Opfer ihres gesellschaftlichen Rollenbildes sein muss, sondern aktiv und individuell ihre eigene Weiblichkeit und Identität gestalten und leben kann.
Die Ästhetik von Freys Bildmontagen ist unserem Computerzeitalter verpflichtet, denn sie fügt die einzelnen Fotos nicht nur zu Bildblöcken oder Sequenzen zusammen, sondern sie komponiert die Fotos zusätzlich mittels digitaler Bildbearbeitung ineinander, sodass Bild-im-Bild Strukturen entstehen. Somit befinden sich in einem Foto mehrere kleine Einzelfotos oder sogar Bildfolgen, die dazu dienen, die Grundstimmung des dominanten Hauptmotivs assoziativ zu verzweigen. Dieses Assoziationsangebot funktioniert deshalb, weil die kleinen, einkomponierten Fotos bewusst ausschnitthaft und fragmentarisch gehalten sind und so nicht als autonome kompositionelle und inhaltliche Einheiten wahrgenommen werden. Stattdessen können sich zwischen Haupt- und Nebenmotiven Zusammenhänge farblicher, struktureller, olfaktorischer, inhaltlicher, mit einem Wort synästhetischer Natur entspinnen, welche Magdalena Freys Arbeiten ihre Vielschichtigkeit und Aussagekraft verleihen.
Für Magdalena Frey bildet das Persönliche immer den Ausgangspunkt ihrer fotografischen Arbeit. Allem voran ist sie eine Frau, daher auch der eindeutige Fokus auf weibliche Lebensbereiche und Fragestellungen. Weiters reagiert sie auf ihre Umgebung, zunächst einmal auf ihre unmittelbare, nämlich auf ihre Familie. Diese stellt für sie einen Fundus an Motiven dar, Magdalena Frey setzt ihre Kamera gleichsam wie ein fotografisches Skizzenbuch ein und greift aus diesem das für sie Essentielle heraus. Da geht es um Nebensächliches, um kleine, alltägliche Dinge, die oft so angereichert sind mit Stimmung und Sinnlichkeit, dass man sie für das Leben schlechthin halten möchte. In einem weiteren Schritt verarbeitet sie ihr Wohnen auf dem Lande, welchem sie in dem Zyklus ,,Landmeter“ (1995) minutiös und sensibel auf der Spur ist. Aber auch die großen und tiefen Themen bezieht sie direkt aus ihrem persönlichen Umfeld. Während sie in der Arbeit „Mutterkuchen“ (1989) dem Wunder der Geburt nachspürt, kreist ihr Fotozyklus ,,Aus der Mappe meines Großvaters“ (1996) um die Themen Tod, Verlust und Erinnerung. Ihre Betroffenheit über den Krieg im ehemaligen Jugoslawien bringt sie in der Arbeit „Bruder und Schwester- bosnisch“ zum Ausdruck. Auch hier bildet wieder die persönliche Begegnung mit Opfern bzw. Flüchtlingen den Ansporn zur bildnerischen Auseinandersetzung mit diesem Thema. Charakteristisch für alle Arbeiten von Magdalena Frey ist, dass sie ihre Bildsprache nicht für plakative, eindimensionale Aussagen missbraucht, sondern ein freies, offenes Gefüge kreiert, das Platz für Assoziationen und gegenseitiges Durchdringen der einzelnen Stimmungsgehalte lässt.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1998